Montag, 30. September 2024

Bedürfnis und Vorstellung (Setzen und bestimmen).

belforest-centre                                                      aus Marxiana

Aber die Menschen beginnen keineswegs damit, "in diesem theoretischen Verhältnis zu Dingen der Außenwelt zu stehen". Sie fangen, wie jedes Tier, damit an, zu essen, zu trin-ken etc., also nicht in einem Verhältnis zu "stehen", sondern sich aktiv zu verhalten, sich gewisser Dinge der Außenwelt zu bemächtigen durch die Tat, und so ihr / Bedürfnis zu befriedigen. (Sie beginnen also mit der Produktion.)

Durch die Wiederholung dieses Prozesses prägt sich die Eigenschaft dieser Dinge, ihre "Bedürfnisse zu befriedigen", ihrem Hirn ein, die Menschen wie Tiere lernen auch "theo-retisch" die äußern Dinge, die zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse dienen, vor [sic] allen an-dern zu unterscheiden. Auf gewissem Grad der Fortentwicklung, nachdem unterdes auch ihre Bedürfnisse und die Tätigkeiten, wodurch sie befriedigt werden, sich vermehrt und weiterentwickelt haben, werden sie auch bei der ganzen Klasse dieser erfahrungsmäßig von der übrigen Außenwelt unterschiednen Dinge sprachlich taufen. Dies tritt notwendig ein, da sie im Produktionsprozess - i. e. Aneignungsprozess dieser Dinge - fortdauernd in einem werktätigen Umgang unter sich und mit den Dingen stehen und bald im Kampf mit andern um diese Dinge zu ringen haben.
 


Aber diese sprachliche Bezeichnung drückt durchaus nur aus als Vorstellung, was wieder-holte Bestätigung zur Erfahrung gemacht hat, nämlich dass den in einem gewissen gesell-schaftlichen Zusammenhang bereits lebenden Menschen (dies der Sprache wegen notwen-dige Vorausssetzung) gewisse äußere Dinge zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse dienen. Die Menschen legen diesen Dingen nur einen besondern (generic) Namen bei, weil sie bereits wissen, dass dieselben zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse dienen, weil sie ihrer durch mehr oder minder oft wiederholte Tätigkeit habhaft zu werden und sie daher auch in ihrem Besitz zu erhalten suchen; sie nennen sie vielleicht "Gut" oder sonst etwas, was ausdrückt, dass diese Dinge ihnen nützhlich [sind], und geben dem Ding diesen Nützlichkeitscharakter als von ihnen besessen, obgleich es einem Schaf schwerlich als eine seiner "nützlichen" Eigen-schaften vorkäme, dass es vom Menschen essbar ist.

Also: die Menschen fingen tatsächlich damit an, gewisse Dinge der Außenwelt als Befriedi-gungsmittel ihrer eignen Bedürfnisse sich anzueignen etc. etc.; später kommen sie dazu, sie auch sprachlich als das, was sie in praktischer Erfahrung für sie sind, nämlich als Befriedi-gungsmittel ihrer Bedürfnisse zu bezeichnen, als Dinge, die sie "befriedigen". Nennt man nun diesen Umstand, dass die Menschen solche Dinge nicht nur praktisch als Befriedigungs-mittel ihrer Bedürfnisse behandeln, sondern sie auch in ihrer Vorstellung und, weiter, sprach-lich, als ihre Bedürfnisse, als sie selbst "befriedigende" Dinge bezeichnen (solange das Be-dürfnis des Menschen nicht befriedigt ist, ist er im Unfrieden mit seinem Bedürfnis, also mit sich selbst), nennt man dies, "nach dem deutchen Sprachgebrauch", ihnen einen "Wert" bei-legen.

So hat man bewiesen, dass der allgemeine Begriff "Wert" entspringt aus dem Verhalten des Menschen zu den in ihrer Außenwelt vor/gefundenen Dingen, welche ihre Bedüfnisse be-friedigen, und mithin, dass dies der Gattungsbegriff von "Wert" ist und alle andern Wert-sorten, wie z. B. der chemische Wert der Elemente nur eine Abart davon.

Es ist "das natürliche Bestreben" eines deutschen Ökonomieprofessors, die ökonomische Kategorie "Wert" aus einem "Begriff" abzuleiten, und das erreicht er dadurch, dass, was in der politischen Ökonomie vulgo "Gebrauchswert" heißt, "nach deutschen Sprachgebrauch" in "Wert" schlechthin umgetauft wird. ...
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K. Marx, Randglosssen zu A. Wagners 'Lehrbuch der politischen Ökonomie', in MEW 19, S. 362ff.


Nota. - Sie wissen es schon: Auf meinen Blogs stelle ich vorzugsweise dar, wie Karl Marx während der Ausarbeitung der Kritik der Politischen Ökonomie, langsam am Stoff sich vor-antastend, von einer 'auf den Kopf gestellten' Hegel'schen Logik Schritt für Schritt zur Wie-derherstellung der Ursprungsform der neueren Dialektik, zur Wiederherstellungs von J. G. Fichtes analytisch-synthetischen Methode übergegangen ist. Das Kernstück dieser Wieder-herstellung war die Überwindung der Begriffs-Mystik der deutschen Professoralphilosophie. In obiger Rezension von Wagners Lehrbuch spricht er sie schließlich schärfer aus als je zu-vor.
JE, 19. 4. 20



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