Unter Vernunft vestehen
wir - unausgesprochen, denn das ist seine Bedingung - unser System
geprüfter und im geistigen Verkehr bewährter Begriffe. Es ist ein System
in pro-cessu, und nur darum sind wir bereit, es als System
anzunehmen: Begriffe, die ihren Dienst nicht mehr tun, werden
ausgemustert oder als zu vieldeutig einstweilen auf die Reservebank
verwiesen (aber wir haben ein gutes Gedächtnis, und mancher Begriff, der verworfen wur- de, kommt gelegentlich wieder zu Ehren). Und: Es kommen allezeit neue hinzu.
So aber nehmen wir das System als gegeben an - so
selbstverständlich, dass die Frage Wo-her? und Wozu? seit gut einem
Jahrhundert als 'metaphysisch' schon gar nicht mehr statt-haft ist. Ist
es vom Himmel gefallen, hat es sich autopoietisch ex nihilo selbst
kreiert? Hat es sich aus bloßer Erfahrung angesammelt?
Das wäre völlig gleichgültig, wenn seine Geltung heute nur pragmatisch
gerechtfertigt ist. Tut es den Dienst, den man ihm vernünftiger Weise
unterstellen darf?
Die Frage lässt sich nicht erörtern, wenn wir die Begriffe, aus denen es besteht, zu seiner Überprüfung auf das System selber anwenden. Es könnte immer nur antworten Ick bün all do. Wir müssen vielmehr eine Voraussetzung aufsuchen, unter der allein die Begriffe zu dem werden konnten, was sie (uns heute) sind.
Die Wissenschaftslehre
behauptet, die allgemeine Prämisse aufgefunden zu haben, auf der alle
unsere Begriffe in letzter Instanz beruhen, auf die sie alle letzendlich
zurückzuführen sind, und vor der sie sich alle praktisch bewähren
müssen. Sie heißt: Vernünftig ist der Mensch, wenn und insofern er sich ursprünglich als wollend
vorstellt. Lässt sie sich über-prüfen? Historisch, empirisch, faktisch
nicht; nur pragmatisch: Lässt sich unter dieser Vor-aussetzung das Leben vernünftig führen?
Das wäre ein Zirkelschluss?
Nun ja. Aber es ist ein zirkulärer Rückschluss, und das ist, worum es uns zu tun war: Hat Vernunft einen Grund? Quod erat demonstrandum: Ihr Grund ist ihr Zweck.
19. 12. 17
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