Mittwoch, 4. September 2024

Nur das Handeln ist absolut; Begriffe bezeichnen Absichten.

  M. Kessels                              aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Die Frage, wie die Objekte, die außer uns sein sollen, zugleich in uns sein sollen, beant-wortet die Wissenschaftslehre so: wenn das, was außer uns sein soll, mit dem verknüpft ist, was unmittelbar Objekt des Bewusstseins ist, und dies ist alles Tätige und Freie in uns. Nur meiner Tätigkeit kann ich mir bewusst werden, aber ich kann mir derselben nur bewusst werden als einer beschränkten.*

Der Kantische Satz: Unsere Begriffe beziehen sich nur auf Objekte der Erfahrung, erhält in der Wissenschaftslehre die höhere Bestimmung: Die Erfahrung bezieht sich auf Handeln, die Begriffe entstehen durch Handeln und sind nur um des Handelns willen da, nur das Handeln ist absolut. 

Kant wird nicht sagen, die Erfahrung sei absolut, er dringt auf den Primat der praktischen Vernunft, nur hat er das Praktische nicht entscheidend zur Quelle des Theoretischen ge-macht. In einem neueren Aufsatze der Berliner Monatsschrift: Über den vornehmen Ton..." hat er sich erklärt, dass die Freiheit das Höchste sei.

Die Philosophie desjenigen, welcher behauptet, dass der Mensch vorstellend ohne Handeln sei, ist bodenlos. Hier wird es recht klar, was es heißt: Das Ich sieht die Welt in sich; oder: Gibt es keine praktische, so gibt es auch keine ideale Tätigkeit; gibt es kein Handeln, so gibts auch kein Vorstellen
.
*) [beschränkt durch den Gegenstand, auf den sie geht]
____________________________________________
 
J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, S. 61


Nota I. - Kurz, der Zweckbegriff ist die Grundform des Begriffs; alle andern sind Ab-straktionsformen. Oder auch: Begriff ist Absicht.
19. 8. 16

Nota II. - Die Kritische Philosophie wurde unvermeidlich, weil alle metaphysischen Ver-suche gescheitert waren. Warum? Weil sie mit einer dualistischen Prämisse begannen, die sie in ewigen Widersprüchen gefangen hielt: der Scheidung, gar dem Gegensatz von Leib und Seele, von Materie und Geist - und zwar so vorausgesetzt, als ob sie ursprünglich wären.

Ursprünglich erscheinen sie aber nur, freilich unvermeidlich, der Reflexion, und in der stellt sich der verstehen-wollende Intellekt tatsächlich gegen das dinglich-Gegebene. Die Reflexi-on selber ist nicht ursprünglich, und schon gar nicht ist es das dinglich-Gegebene: Ur-Sprung ist das Stellen selber, ursprünglich ist der Akt, auf den reflektiert wird; wobei freilich der Agierende und das, worauf er agiert, schon als unterschieden wahrgenommen werden. An-ders kann es nicht sein.
11. 6. 20

Nota III. - Nur das Handeln ist absolut: Das muss man beim Wort nehmen. Absolut heißt: losgelöst von allem (andern). Nämlich ohne jede Bestimmung außer durch sich selbst. Für die Wissenschaftslehre ist handeln das einzig Faktische - oder Reale. Alles andere 'gibt es' nur in der Vorstellung.
 JE 30. 7. 21 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Bestimmt, unbestimmt, bestimmbar; setzen, abstrahieren.

                       aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik   Im vorigen Paragraphen war es uns um die Erkenntn...