Kant hatte die
Objektivität der Welt in der apriorischen Anschauung vom Raum begrün-det,
Fichte gründet sie unmittelbar im Ich. Kant konnte die Objektivität der
Gottesvor-stellung nicht im Raum begründen, Fichte will sie wiederum
unmittelbar im Ich begrün-den: im Gefühl des Strebens. Doch im Gefühl des
Strebens kann er lediglich die Idee eines Zwecks-überhaupt, Zwecks der Zwecke, eines absoluten Wozu usw. begründen, die qua Idee ein bloßes Noumenon, eine Fiktion darstellt, von der 'gar nicht vorgegeben wird, dass ihr etwas Wirkliches entspreche'.
Er will* aber auf
die Vorstellung Gottes als ein Bild des Sittengesetzes hinaus. Da
müsste zur Objektivität der Idee vom Zweck-an-sich noch etwas
Subjektives hinzutreten, das nicht notwendig, sondern willkürlich wäre;
er sagt es selbst: eine "moralische Bildung", etwas Historisches, Zufälliges. - Seine Argumentation wäre
schlüssiger geblieben, wenn er auf diesen Beisatz verzichtet hätte; aber zur Idee Gottes hätte sie dann nicht gereicht.
16. 7. 17
Montag, 8. Januar 2024
Gott und die Welt?
4ever aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
*) Nämlich in Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung. Er
kon-struiert dort die Vorstellung von einem vernünftigen Endzustand
einer "moralischen Welt-ordnung", wo alle sittlichen Zwecke verwirklicht
sind, und die dem reellen sittlichen Han-deln hic et nunc 'notwendig'
als ein ebenso reeller Zweck vorauszusetzen sei. In einem solchen wäre
indes die Vernunft abgeschlossen. Das kann er sich aber im Ernst
doch nicht vorgestellt haben! Vernunft ist ja nun kein Faktum -
Sachverhalt, Zustand, Götzen-bild -, sondern ist nur in aktualem Vollzug: während des tätigen Sich-selbst-Setzen eines vernünftigen Wesens.
Und damit wäre im Zustand der moralischen Weltordnung ja wohl Schluss. Käme die Ver-nunft zu einem Schluss, wäre sie aus und vorbei, und alles vernünftige Handeln vorher wäre entwertet und ad absurdum geführt.
Es ist gut möglich, dass F. eine solche mystisch-romantische Idee undeutlich im Sinn hat-te. Sie lag dort in ständigem Streit mit seinem Entschluss zum kritischen und 'transzen-dentalen' Philosophieren. Der auf jenen Aufsatz folgende Atheismusstreit hat Fichte schließlich dahin gebracht, das kritische Prinzip fallenzulassen und zu dogmatischer Pre-digt überzugehen.
5. 4. 21
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