V. Emmer Der Botaniker
aus Marxiana
Der Gegensatz zwischen
der Kritik der Politischen Ökonomie und der Politischen Öko-nomie selbst
lässt sich ausdrücken als der Gegensatz zwischen einer "nomothetischen"
und einer "idiographischen" Wissenschaft. Nämlich so, dass die
Politische Ökonomie glaubt, die Naturgesetze der gesellschaftlichen Entwicklung zur Darstellung zu bringen - vgl. Mirabeaus Rede am Grab von Dr. Quesnay -, wohingegen Marx ganz ausdrücklich nur die "Bewegungsgesetze" dieser besondern Gesellschaftsformation, dieser historischen Individualgestalt "analysiert": und zwar gerade nicht als die immanenten Bewegungsge-setze "der Sachen selbst", sondern sie "versteht" als die typischen Handlungsweisen - "Verkehrsformen" - der austauschenden Individuen.
Und diese 'Handlungsweisen' werden folgerichtig eben nicht aus ihren 'Ursachen' "begrif-fen", sondern aus ihren Zwecken verstanden. Die Kritik der Politischen Ökonomie ist die verstehende Deutung einer besonderen historischen Gestalt: Sie handelt nicht von "Ge-sezen", die in ihr kausal wirken, sondern von den Zwecken ("Werten"!!!), die in ihr als be-stimmend gelten; sofern sie also mit "Gesetzen" zu tun hat, ist sie nicht nomo"thetisch", sondern allenfalls nomographisch.
Also ob man die
Distinktion Diltheys oder Windelbands zugrundlegt, ist hier ganz
wurscht. Freilich, dass es sich bei der "klassischen" Ökonomie um einer Geisteswissen-schaft handelt, die sich als eine Natur wissenschaft missversteht - diese kritische Einsicht lässt sich mit Windelbands Begriffen klarer fassen.
22. 7. 88
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