Mittwoch, 3. Januar 2024

Die Frage nach dem Grund ist selbst schon eine Synthesis.

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Schon in der Aufgabe für die gesamte Philosophie ist eine Synthesis. Es wird schon aus dem Faktum herausgegangen zum Grunde; wie komme ich nun dazu, aus dem Faktum zu dem Grunde herauszugehen? Diese Frage ist wichtig; denn solche Fragen aufzuwerfen und zu beantworten heißt philosophieren, und da diese Frage der Philosophie zu Grunde liegt, würde / diese Frage beantworten heißen: über die Philosophie philosophieren. Die Frage nach der Möglichkeit der Philosophie fällt sonach selbst in die Philosophie hinein. Die Philosophie beantwortet die Frage nach ihrer eignen Möglichkeit. Sonach lässt sich die Möglichkeit der Philosophie nur in einem Zirkel beweisen, oder sie bedarf keines Be-weises und ist schlechthin und absolut möglich.
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_J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, II. Einleitung, Hamburg 1982, S. 12f. 

 

Nota I. - Die Philosophie beginnt 'synthetisch'. Als lediglich analytisch mag man das 'ge-meine' Normalbewusstsein auffassen, es sieht etwas und fragt nur was? und allenfalls wie? Die Frage warum? dagegen setzt voraus, dass etwas 'da' sein könnte, das man nicht sieht; besser gesagt, um sie stellen zu können, muss man es selbst voraus-gesetzt haben. Doch wie käme man dazu?
9. 6. 16

 

Nota II. - Den Philosophen, der aus seiner Tätigkeit heraustritt, um sie von außen zu be-trachten, nennt man einen Meta philosophen - einen, der über Philosophie philosophiert. Logisch müsste die Begründung der Philosophie vorangehen, aber genetisch kann sie es nicht: Die Philosophie muss erst eine Art vorläufiger Endgestalt angenommen haben, be-vor man daran denken kann, nach ihrer Möglichkeit zu fragen. Und hat sie den Faden des Philosophierens neu erfasst, macht sie sich ebenso neu wieder an die Arbeit: Kritik setzt die Gegebenheit ihres Gegenstands voraus, wie auch anders?

So hatte Kant die Transzendentalphilosophie begonnen. Doch hat er Metaphilosophie nicht ausdrücklich als deren Aufgabe formuliert, das tat erst Fichte an obiger Stelle. 

In der Tat hatten Kants Vorgänger Wolff und Baumgarten ihr rationalistisches System für den Schlussstein der Philosophie gehalten, Kant musste und konnte dort beginnen. Und rückblickend fiel es seinen Nachfolgern auf, dass Descartes einen ähnlichen Versuch mit der gesamten scholastischen Überlieferung schon einmal unternommen hatte.

An der Stelle erhellt, was Fichte an obiger Stelle mit einem Zirkel gemeint haben kann: Die Aufgabe der Philosophie stellt sich reell als ein Prozess, und ihre Selbstbefragung und Rechtfertigung kann sie darum immer wieder nur in processu betreiben. Seit Kants Kri-tiken ist Philosophie nur noch als Selbst-Kritik möglich. Dreht sie sich ständig im Kreis? Kann man so sagen. Doch erfasst sie dabei alles, was so drumrum liegt. Sie ist Synthesis in processu.
JE, 3. 4. 21

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE 

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