Nach der rationalistischen Auffassung, die bei uns die landläufige ist, werden die Bedeu-tungen durch die Begriffe
konstituiert. Nach Fichte entstehen die Bedeutungen dagegen in der
Vorstellung; durch den Begriff werden sie lediglich fassbar und
fungibel: können mit anderen verglichen und verknüpft und an Andere weitergegeben werden. Verständiger Verkehr ist nicht ohne Begriffe möglich.
Aber auch keine Kritik. Es sind die Begriffe, in denen meine Welt mit unserer Welt ver-knüpft ist. Genauer gesagt: Erst durch die Begriffe entsteht unsere Welt. Den Individuen, die zur Welt kommen,
begegnet die Welt der Begriffe als Apriori, sie müssen sich darin
einrichten. Die Privatwelt der Irren ist nur möglich, weil sie die
Geltung der Begriffe ganz oder teilweise leugnen. Ihre Vorstellungen
sind ungebunden und unverbindlich. -
In specie: Die intelligible Welt entsteht uns erst durch die Begriffe; die wirklichen Begriffe, wie sie in unsern Sprachspielen vorkommen. Denn die Sprachspiele stiften die Reihe ver-nünftiger Wesen, und nichts anderes ist die intelligible Welt. Wie? Indem sie uns ermög-licht, aus Freiheit gemeinsame Zwecke auszubilden, und nichts anderes ist Vernunft. Aus dem Zweck begriff jedoch ist der Begriff erst hervorgegangen - und zum andern ward durch ihn aus einem unbestimmt-'reinen' Willen erst ein wirkliches bestimmendes Wollen. Durch letzteres geht die intelligible Welt ein in die sinnliche - vermittels der Kraft.
In 'meine' Welt komme ich auf diesem Weg nicht zurück. Schon gar nicht dahin, wie sie ist. Doch dass sie ist?
Meine Welt als Gesamtheit meines vor-reflexiven Einbildens ist Teil meiner gesamten Per-son, sie ist mit meiner Gefühlswelt ebenso verbunden wie mein artikulierter Leib, empi-risch geht eins in das andere über, wir unterscheiden erst - durch den Begriff - in der Re-flexion.
Am Ende läufts auf die Trivialität hinaus: Mit unserer Welt ist meine Welt verbunden durch den im Begriff gefassten Zweck in der selben Weise, wie mein gefühlter, gedachter, gemeinter Gesamtzustand mit der sinnlichen Welt verbunden ist durch die Kraft. Doch nicht jede Trivialität fällt jedem jederzeit ins Aug. Manche muss man schon mal ausspre-chen.
16. 12. 18
Zweckbegriffe,
die nicht in der sinnlichen Welt liegen, wo sie an die Zwecke anderer
'ver-nünftiger Wesen' stoßen könnten, bilden dagegen meine Welt: meine
Privatangelegenheit. Wenn und wo ich ein anderes vernünftiges Wesen in
meine Privatangelegenheit hereinzie-he und selber in die seine dringe,
entsteht offenbar ein Problem. Ist die Privatangelegen-heit von Zweien
keine Privatangelegenheit mehr? Na, sobald sie sie in die Öffentlichkeit
tragen nicht länger. Ob die
Öffentlichkeit sich ihrer dann annehmen muss oder darf, wird in
zivilisierten Ländern von allgemeingültigen Gesetzen geregelt; man kann daran den Grad ihrer Zivilisiertheit merken.
JE, 20. 1. 23
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