
Du fandest im Vorstellen eines Objects, oder deiner selbst, dich thätig. Bemerke nochmals recht innig, was bei dieser Vorstellung der Thätigkeit in dir vorkam. –
Thätigkeit ist Agilität, innere Bewegung; der Geist reisst sich selbst über absolut entge-gengesetztes hinweg; – durch welche Beschreibung keinesweges etwa das unbegreifliche begreiflich gemacht, sondern nur an die in jedem nothwendig vorhandene Anschauung lebendiger erinnert werden soll. –
Aber diese Agilität lässt sich nicht anders anschauen, und wird nicht anders angeschaut, denn als ein Losreissen der thätigen Kraft von einer Ruhe; und so hast du sie in der That angeschaut, wenn du nur wirklich vollzogen, was wir von dir verlangten.*
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J. G. Fichte, Versuch einer neuen Darstellung der Wissenschaftslehre, SW I, S. 530
*Nota. - Gefordert war, 'dich selbst' zu denken. Tue ich es, komme ich mir zeimal vor: einmal als der Gedachte, das andre Mal als der Denkende. Ich 'kommt mir vor' als ein Widerspruch: Begreifen kann ich ihn nicht, denn als Begriffe stehen sich beide unverein-bar gegenüber. Vereinbaren kann ich sie lediglich in meiner Anschauung: indem ich achte auf das, was ich tue, statt auf das, was ich getan habe. Nur durch Tun wird Synthesis mög-lich, durch Denken. Doch das Tun selber lässt sich nur anschauen - als ein Hinwegreißen über den Widerspruch der Begriffe.
JE, 13. 3. 20