Donnerstag, 31. Oktober 2024

Synthesis a priori.

A. v. Werner, Simson                     zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete ..

 Gesetzt, ein Mensch hätte noch nichts getan (welches absurd ist und nur auf einen Augen-blick gesetzt worden). Dennoch soll er etwas tun, es wird also postuliert, dass er schon einen Begriff vom Handeln habe. Dieser Begriff, der bei ihm nicht aus der Erfahrung kom-men kann, müsste beim ihm ein Begriff a priori sein. So hier. Ich finde mich als Handeln-sollendes, da liegt das Handeln schon drinnen. Das ist ganz klar eine Versinnlichung, die zusammengesetzt ist aus dem Zweckbegriff, der kein Handeln ist, und dem Realisieren, das nicht gefunden wird; also gleichsam in der Mitte schwebend.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, S. 230

 

Nota. - Diese Synthesis aus realem und idealem Handeln ist a posteriori apriori. A posteriori nämlich für die Reflexion, auf sie zurückblickt, apriori im Handeln selbst, in dem der Han-delnde sie unmittelbar anschaut. Handeln ist das nicht nur gedachte, sondern realisierte Wol-len, das als ihm 'zu Grunde liegend' gedacht werden muss. Reales und ideales Handeln sind in diesem ihren Grunde dasselbe. Erst der rückblickenden Reflexion erscheinen sie als zwei-erlei, die erst noch synthetisiert werden müssten.
JE 

Geist in der Erscheinung.

narcsite                                                                                       zu Philosophierungen

Alle Kannegießereien um Geist und Materie verfahren dogmatisch. Dogmatisch ist nämlich die Frage selbst, indem sie den Dualismus schon voraussetzt. Das ist aber unstatthaft.

Sachlich begründete Aussagen können wir nur über Dinge treffen, von denen wir Erfah-rung haben. Erfahrung von Geist haben wir aber nur, soweit er der von Menschen ist. Die Annahme eines Geistes außerhalb des Menschen ist lediglich eine Projektion, die ihrerseits auf einer Abstraktion beruht. Ob und unter welchen Voraussetzungen sie statthaft sind, ist eine Frage für sich, aber sie ist ihrerseits nicht durch Erfahrung entscheidbar. 

Phänomenal kommt Geist nur am Menschen vor. Im Menschen? Schon davon können wir nichts wissen, denn als solcher lässt er sich nicht beobachten, weder am noch im Menschen. Auf das, was wir Geist nennen, schließen wir nur aus einem Phänomen, das wir modal von allen andern Phänomenen unterscheiden können - aus dem Handeln. Denn es geschieht um/zu, es geschieht in einer Absicht. Es mag in Wahrheit in einer anderen Absicht gesche-hen als sich der Handelnde vorstellt, und es mag auch dann mit Absicht geschehen, wenn er nichts davon weiß. Wenn aber eine Tätigkeit lediglich reflexhaft, lediglich von außen veran-lasst ist, dann stellen wir sie uns als Mechanismus vor und eben nicht als Handlung.

Da sei aber der phänomenale Weg verlassen, sobald nicht gemessen, sondern vorgestellt wird? Das Messen hat erstens selbst nur einen Sinn, sofern man sich dabei etwas vorstellen kann. Und zweitens ist Absicht nicht einmal phänomenal 'gegeben': Sie muss selber absichts-voll an genommen, nämlich dem Handelnden ab genommen werden; indem der Vorstellen-de die Absicht versuchweise vorstellt und findet, dass er's getroffen hat. Denn sie sind beide vom selben Stoff, sind beide Absicht, und nur daher kann die eine der andern erscheinen. Mehr ist vom Geist nicht erfahrbar. Ausdenken kann man aber alles mögliche und sogar unmögliche. 
1. 8. 21

 

Mittwoch, 30. Oktober 2024

Die Stoffe formen.

zoibrina                                                                                             aus Marxiana

Indem so die lebendige Arbeit durch ihre Verwirklichung im Material dieses selbst verän-dert, eine Veränderung, die durch den Zweck der Arbeit bestimmt, und die zweckmässige Thätigkeit derselben – (eine Veränderung die nicht wie im todten Gegenstand das Setzen der Form als äusserlich dem Stoff, bloser verschwindender Schein seines Bestehns) – wird das Material so in bestimmter Form erhalten, der Formwechsel des Stoffs dem Zweck der Arbeit unterworfen. Die Arbeit ist das lebendige, gestaltende Feuer; die Vergänglichkeit der Dinge, ihre Zeitlichkeit, als ihre Formung durch die lebendige Zeit. 

Im einfachen Productionsprozeßabgesehn vom Verwerthungsprocesswird die Vergäng-lichkeit der Form der Dinge benuzt um ihre Brauchbarkeit zu setzen. Indem aus der Baum-wolle Garn wird, aus dem Garn Gewebe, aus dem Gewebe gedrucktes etc Gewebe, oder gefärbtes etc, und aus diesem sage ein Kleid hat sich 1) die Substanz der Baumwolle in allen diesen Formen erhalten. (Im chemischen Process haben sich im von der Arbeit geregelten Stoffwechsel überall Equivalente (natürliche) ausgetauscht etc); 2) in allen diesen subsequ-enten Processen hat der Stoff eine nützlichere Form erhalten, weil eine ihn mehr dem Con-sum aneignende; bis er zulezt die Form erhalten, worin er direkt Gegenstand desselben wer-den kann, wo also die Aufzehrung des Stoffs und die Aufhebung seiner Form menschli-cher Genuß wird, seine Veränderung sein Gebrauch selbst ist. 

Der Stoff der Baumwolle erhält sich in allen diesen Processen; in der einen Form des Ge-brauchswerths geht er unter um einer höhren Platz zu machen, bis der Gegenstand als Ge-genstand der unmittelbaren Consumtion da ist. Indem aber die Baumwolle als Twist gesezt ist, ist sie in einer bestimmten Beziehung auf eine fernere Art der Arbeit gesezt. Träte diese Arbeit nicht ein, so ist nicht nur die Form nutzlos an ihr gesezt worden, d. h. die frühere Arbeit wird nicht durch die neue bestätigt, sondern auch der Stoff ist verdorben, indem er in der Form als Twist nur Gebrauchswerth hat, insofern er wieder verarbeitet wird: nur noch Gebrauchswerth ist in Bezug auf den Ge-brauch, den die fernere Arbeit davon macht; nur Gebrauchswerth ist, insofern seine Form als Twist aufgehoben / wird zu der von Ge-webe; während die Baumwolle in ihrem Dasein als Baumwolle unendlicher Nutzanwendun-gen fähig ist. So wäre ohne die fernere Arbeit der Gebrauchswerth von Baumwolle und Twist, Material und Form verhunzt; er wäre vernichtet, statt producirt worden.
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K. Marx, Grundrisse, MEGA II/1.1  S. 272f. [MEW 42, S. 278]


Nota.  Sachlich gesehen, nämlich unterm Gesichtspunkt des Zwecks der Arbeit: dem be-absichtigten Gebrauchswert der Ware, handelt es sich eben nur um einen Arbeitsprozess; es ist die spezifische Form der industriellen Arbeitsteilung, der ihn in viele Einzelteile zerlegt, die nicht einmal mehr in derselben Fabrik erledigt werden; und die Einzelteile müssen jedes-mal erst zu Tauschwerten, zu Geld werden, müssen verkauft sein, damit der nächsthöhere Gebrauchswert daraus werden und das Stück Gebrauchswert überhaupt bleiben kann – denn sonst wäre auch der Tauschwert verloren.
JE, 9. 11. 15


Dienstag, 29. Oktober 2024

Vernunft ist das fortschreitende Bestimmen des Unbestimmten.

                                      aus Philosophierungen, oder Das Vernunftsystem

Dem vernünftigen Bewusstsein - fast ist das eine Tautologie - erscheint die Welt als ein vir-tuell geschlossenes System von Begriffen, die einander wechselseitig bestimmen, indem sie ihre jeweiligen Geltungsbereiche gegeneinander eingrenzen: de-finieren. Dieses System ist entstanden und vervollständigt sich weiter durch den Gebrauch; die Bedeutung der Wörter ist ihre Verwendung im Sprachspiel. 

Doch geschlossen ist es erst virtuell. Reell stößt die Verwendung im Sprachspiel immer wie-der auf Lücken: Die müssen geschlossen werden durch das Einpassen in die Leerstellen, die das Sprachspiel bislang frei gelassen hatte; einpassen so, dass bisherige Definitionen gegebe-nenfalls justiert werden müssen. (Ist ein ganzer Komplex von Bedeutungen berührt, ge-schieht ein sogenannter 'Paradigmenwechsel'.) Die - quasi transzendentale - Prämisse bleibt unberührt: Das System ist intakt. Es geht immer nur darum, es auszufüllen.

Denn nur, wenn der Rahmen gewahrt bleibt, ist es überhaupt ein System; nur dann kann erwartet werden, dass aktuell auftretende Lücken von uns gewiss gefüllt werden können, weil sie an sich schon gefüllt sind.


*


Das gilt freilich nur für die Begriffe. Wenn das System geschlossen ist, gelten die Begriffe an sich. Oder anders, wenn die Begriffe an sich gelten sollen, muss ich mir das System als ge-schlossen vorstellen.

Rationell sollte ich aber gar nicht vom System der Begriffe - oder "der Welt" - ausgehen. Rationell muss ich mich an das halten, was ich weiß, und was ich weiß, ist lediglich das, was in meinem Wissen vorkommt. Tautologisch? Nicht, wenn ich mir klarmache, dass in mei-nem Wissen nichts anderes vorkommt als meine Vorstellungen. Dass ich mir (etwas) vor-stelle, ist nun das einzige, was ich nicht bezweifeln kann (weil anders ich auch das Bezwei-feln bezweifeln und... gleich wieder aufhören müsste, nachdem ich kaum angefangen habe). 

Wenn ich zugeben muss, dass ich vorstelle, muss ich annehmen, dass ich es konnte; ich mei-ne: muss, sonst wäre gleich wieder Schluss. Wenn ich es ohne eine andere Voraussetzung konnte - und das muss ich annehmen, denn ich habe keine weitere Voraussetzung gemacht -, dann muss ich annehmen, dass ich es ohne Voraussetzung können werde; es sei denn, ich stelle mir selber Dinge vor, die zu Voraussetzungen werden, die mich am Fortschreiten hin-dern. 

Vorstellen ist, nach Fichte, Übergehen vom Bestimmbaren zum Bestimmten. Annehmen musste ich: ein Vermögen dazu. Das heißt konventionell Ich. Es ist selber nicht bestimmt: Das könnte es erst selber besorgen. Wie? Indem es sich Etwas vorstellt. Ist es bestimmt? Das wird man sehen: Lässt es sich bestimmen? Dann kann ich fortschreiten; wenn nicht, dann wäre - hier wiederum Schluss.

Wenn das richtig ist, dann kann das Bestimmen kein Ende finden - und das Bestimmbare schon gar nicht. Denn anders würde die ganze Kette hinfällig, und ihre Prämisse, ihr erstes Glied: dass Ich Unbestimmtes zu bestimmen vermag. Das System, das ich mir allenfalls vor-stellen kann, ist ein System in processu, ein unabgeschlossenes System.

Und wer immer diese Prämisse bestreiten wollte - dass ich zu bestimmen vermag -, wird doch jene andere Prämisse - jene andere Seite der Prämisse -, dass es Unbestimmtes gibt, nicht bestreiten können. Das System meiner Vorstellung kann gar nicht abgeschlossen wer-den; und mit jedem weiteren Fortschritt des Bestimmens kann - mag? soll? - eine rückwir-kende Umbestimmung der gesamten Kette geschehen.


Summa: Von Einem lässt sich schlechterdings, bei gutem und bei schlechem Willen, nicht abstrahieren: dass es in der Welt, wie immer wir sie uns denken, teils Bestimmtes, teils Un-bestimmtes gibt. Ein Denken, das sich darauf keinen Reim zu machen weiß, soll sich nicht Philosophie nennen.

27. 12. 16 


Nachtrag. - Das ist die Pointe: dass es in unserer Welt - in der intelligiblen der 'Reihe ver-nünftiger Wesen' - das völlig Unbestimmte gar nicht mehr gibt. Denn hier, wo ich mich schon als einen bestimmen-Sollenden vorfinde, ist alles, was mir begegnet, zumindest als ein Zu-Bestimmendes bestimmt. Vom Bestimmen Abstand nehmen und das noch-Unbestimm-te als unbestimmt anzuschauen, ist ein willentlicher Akt. Wo er in unserer, der 'Welt der Rei-he vernünftiger Wesen' geschieht, ist er der ästhetische Akt schlechthin. Er ist eine Absti-nenz vom Vernunftgebrauch. 

Eine gewisse Brisanz liegt nun darin, dass auch das sittliche Urteil ein ästhetisches Urteil ist - das auf Willensbestimmungen angewandt wurde. Sittliche Urteile folgen nicht aus dem Ver-nunftgebrauch, sondern gehen ihm, sofern überhaupt ein Zusammenhang bestehen soll, al-lenfalls voraus.
24. 9. 18 
 
 
 

Montag, 28. Oktober 2024

Das bildende Vermögen und der formlose Stoff.

                                                                     aus  Marxiana

Das Capital ist Geld (für sich gesezter Tauschwerth) aber nicht mehr Geld als in einer be-sondren Substanz und daher ausgeschlossen von den andren Substanzen der Tauschwerthe neben ihnen existirend, sondern in allen Substanzen, den Tauschwerthen jeder Form und Daseinsweise der vergegenständlichten Arbeit seine ideale Bestimmung erhaltend. 

Insofern das Capital, als in allen besondren Formen der vergegenständlichten Arbeit existi-rendes Geld nun in Prozeß tritt mit der nicht vergegenständlichten, sondern lebendigen, als Prozeß und Akt existirenden Arbeit, ist es zunächst dieser qualitative Unterschied der Sub-stanz in der es besteht von der Form, worin es nun auch als Arbeit besteht. Es ist der Pro-zeß dieser Unterscheidung und der Aufhebung derselben, worin das Capital selbst Prozeß wird. Die Arbeit ist das Ferment, das in es geworfen wird, es nun zur Gährung bringt. 

Einerseits muß die Gegenständlichkeit, worin es besteht verarbeitet, d. h. von der Arbeit aufgezehrt, andrerseits die blose Subjektivität der Arbeit als bloser Form aufgehoben, und sie in dem Material des Capitals vergegenständlicht werden. Die Beziehung des Capitals sei-nem Inhalt nach auf die Arbeit, der vergegenständlichten Arbeit auf die lebendige Arbeit – in dieser Beziehung, wo das Capital passiv gegen die Arbeit erscheint, ist es sein passives Dasein, als besondre Substanz, das in Bezug auf die Arbeit als formende Thätigkeit tritt – kann überhaupt nur die Beziehung der Arbeit auf ihre Gegenständlichkeit, ihren Stoff sein – (was schon im ersten Capitel aus-/einanderzusetzen, das dem [vom] Tauschwerth vorher-gehn und von der Production im Allgemei-nen handeln muß) – und in Bezug auf die Arbeit als Thätigkeit hat der Stoff, die vergegenständlichte Arbeit, nur 2 Beziehungen, die des Roh-stoffs, d. h. des formlosen Stoffs, des blosen Materials für die Formsetzende, zweckmässige Thätigkeit der Arbeit und die des Arbeitsinstruments, des selbst gegenständlichen Mittels, wodurch die subjektive Thätigkeit zwischen sich und den Gegenstand, selbst einen Gegen-stand als ihren Leiter schiebt.
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K. Marx, Grundrisse, MEGA II/1.1, S. 218f. [MEW 42, S. 219f.]  


Nota. - M. 'kokettiert' hier wieder mit Hegels 'eigentümlicher Ausdrucksweise', er skizziert eine Ontologie der Arbeit, die eher in die Metaphysik gehört als in die Politische Ökonomie; aber vielleicht doch in die Kritik an ihr?

Solange der Standpunkt, von dem aus kritisiert wird, zumindest auch ein philosophischer bleibt, ist Dialektik die angezeigte Methode der Darstellung. Aber schon in ihrer enthegel-ten Form: Nicht substantiierte Begriffe 'entfalten sich', sondern überall tritt die Arbeit, näm-lich reelle physische Tätigkeit, als das Subjekt auf, dem der tote Stoff lediglich entgegen steht, und der geformte Stoff  das selbst als Arbeitsprodukt entzifferte Kapital –  als Mittel dient; während es aber umgekehrt erscheint. 

Der chaotisch nachlässige Satzbau verweist aber darauf, dass M. sich bewusst ist, an dieser Stelle mehr mit seiner Vergangenheit als Philosoph abzurechnen, als dass er positiv an der Vivisektion der bürgerlichen Produktionsweise voranschreitet.
JE 
9. 10. 15


Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe sie im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

Sonntag, 27. Oktober 2024

Naturbeschaffenheit, Funktion, Formbestimmung.

Lothar Sauer                                                                           aus Marxiana  

Es ist gar nicht gesagt, daß das Capital fixe in jeder Bestimmung Capital ist, das nicht zur individuellen Consumtion, sondern nur zur Production dient. Ein Haus kann zur Produc-tion dienen, wie zur Consumtion; ebenso alle Vehikel, ein Schiff und ein Wagen zur Lust-fahrt, wie zum Transportmittel; eine Strasse als Communicationsmittel für die eigentliche Production, wie für Spazierengehn etc. Das Capital fixe in dieser 2ten Beziehung geht uns gar nichts an; da wir das Capital hier nur als Verwerthungsprocess und Productionsprocess betrachten. 

Bei dem Zins wird noch die 2te Bestimmung hereinkommen. Ricardo kann nur diese Be-stimmung im Auge haben, wenn er sagt: „Je nachdem das Capital mehr oder minder ver-gänglich ist, also mehr oder minder oft reproducirt werden muß in gegebner Zeit, heißt es circulirendes oder fixes Capital.“ (Ricardo. VIII, 19.) 

Danach wäre eine Kaffeekanne fixes Capital, aber der Caffee circulirendes. Der grobe Ma-terialismus der Oekonomen, die gesellschaftlichen Productionsverhältnisse der Menschen und die Bestimmungen, die die Sachen erhalten, als unter diese Verhältnisse subsumirt, als natürliche Eigenschaften der Dinge zu betrachten, ist ein ebenso grober Idealismus, ja Feti-schismus, der den Dingen gesellschaftliche Beziehungen als ihnen immanente Bestimmun-gen zuschreibt und sie so mystificirt. 

Die Schwierigkeit irgendein Ding als fixes Capital oder circulirendes seiner natürlichen Be-schaffenheit nach zu fixiren, hat die Oekonomen hier ausnahmsweise zum Einfall gebracht, daß die Dinge selbst weder fixes noch circulirendes, also wohl überhaupt nicht Capital sind, so wenig es natürliche Eigenschaft des Goldes ist Geld zu sein. 
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K. Marx,  Grundrisse, MEGA II/1.2 S. 567 [MEW 42, S. 587f.] 



Samstag, 26. Oktober 2024

Poiesis, nicht Praxis.

                                                                            aus Marxiana

Arbeit ist nicht Tätigkeit "überhaupt", nicht 'Produktion' "überhaupt", sondern zweck mä-ßige Tätigkeit - im Begriff des Zwecks liegt eben schon ihre objektivierende Dimension - nicht umgekehrt.
JE, 24. 9. 85

Eine Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen Baumeister. Was aber von vorn herein den schlechtesten Baumeister vor der besten Biene auszeichnet, ist, daß er die Zelle in seinem Kopf gebaut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses kommt ein Resultat heraus, das beim Beginn desselben schon in der Vorstellung des Arbei-ters, also schon ideell vorhanden war. 
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K. Marx, Das Kapital I, MEGA II/5, S. 129f.



Nota: Der Zweck der Tätigkeit macht die Bestimmtheit des Produkts aus. Die ist seine Qualitas. Dass es Pro-dukt einer Tätigkeit ist, steht im Verhältnis zu allem, was Produkt einer andern Tätigkeit ist oder auch kein Produkt irgendeiner Tätigkeit, und ist eine bloß relationelle Bestimmung. Der Zweck der Arbeit macht die Qualität des Produktes aus und diese ist es, die ein Bedürfnis erfüllt. Arbeit als Arbeit ist qualitativ bestimmt, ist gr. poíêsis und schafft Gebrauchswerte. Arbeit als Lohn arbeit ist relativ bestimmt, als bloße Zeitspan-ne, und schafft lediglich Tauschwert, der als solcher nur einen unbestimmten Zweck erfüllt - tauschen überhaupt. Das könnte man gr. prâxis nennen.
JE, 2. 6. 20



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Freitag, 25. Oktober 2024

Das Verhältnis der Mannigfaltigen zueinander nennt man die Form.

  Miró, Deux personnes et une libellule 1938        zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete ...

V. Wie und auf welche Weise sollen nun in einem materiellen Körper durch Veränderungen desselben Begriffe ausge/drückt werden? Die Materie ist ihrem Wesen nach unvergänglich: Sie kann weder vernichtet noch kann neue hervorgebracht werden. Hierauf könnte der Be-griff von der Veränderung des gesetzten Körpers sonach nicht gehen. Ferner, der gesetzte Körper soll ununterbrochen fortdauern; es sollen demnach dieselben Teile der Materie bei einander bleiben und den Körper fortdauernd ausmachen. Und dennoch soll er durch jeden gefassten Willen der Person noch verändert werden. Wie kann er nun ununterbrochen fort-dauern und dennoch unaufhörlich, wie zu erwarten ist, verändert werden? 

Er ist Materie. Die Materie ist teilbar ins Unendliche. Er, d. i. die materiellen Teile in ihm bleiben, und er würde dennoch verändert werden, wenn die Teile ihr Verhältnis unterein-andeer selbst, ihre Lage zu einander veränderten. Das Verhältnis der Mannigfaltigen zu-einander nennt man die Form. Die Teile demnach, inwiefern sie die Form konstituieren, sollen bleiben; aber die Form soll verändert werden - (Inwiefern sie die Form konstituieren, sage ich: Es könnten also unaufhörlich welche sich abtrennen, wenn sie nur in demselben ungeteilten Momente durch andere ersetzt würden, ohne dass die geforderte Dauer des beschriebenen Körpers dadurch beschädigt würde.) - Demnach - unmittelbar durch den Begriff entsteht Bewegung der Teile, und dadurch Veränderung der Form.
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J. G. Fichte, Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 59f.  



Nota. - Es geht an dieser Stelle um das sog. Leib-Seele-Problem: Wie ist zu begreifen, dass ein Geist Materie, dass ein Wille die Körperteile kommandiert? Das ist keine Physik, son-dern Philosophie. Der Stoff ist gegeben, die Bewegung ist Form gebung; die mannigfaltigen Teile sind gleich-gültig, geändert wird ihr Verhältnis zu einander; es ist der Körper als Gan-zer, der bestimmt wird. Es ist die Bestimmung, die seine Ganzheit ausmacht. Würde der Körper nie bewegt, könnte er ebensogut tot sein.
JE

Donnerstag, 24. Oktober 2024

Real ist nur das Bestimmen selbst; 'bestimmt' und 'bestimmbar' sind bloß Abstraktionen.

istockphoto                                                                    aus Philosophierungen

Wirklich ist eigentlich immer nur das Schweben: das, wo Bewegung ist, wo etwas geschieht; es ist aktuale Tätigkeit. Ein Schweben zwischen Zweien: Die Fixpunkte werden als solche nur gedacht. Denn gedacht - angeschaut und begriffen - werden kann das Wirkliche, das Tätigkeit ist, nur so; nur interpunktiert; nicht als Fluss, sondern in Sprüngen von einem Zu-stand zum andern. Hier findet im Denken eine Umkehrung statt: Das Fixe, das nur gedacht wird, kommt dem Denken als das Eigentliche vor, die aktuale Tätigkeit, das "Schweben", als hinzugedachtes Akzidens.

Bestimmt und bestimmbar sind Reflexionsmomente. Real ist die Verlaufsform, das Überge-hen vom Einen zum Andern: bestimmen.

12. 7. 17


Das ist eine bemerkenswerte Verkehrung: Um im Flusse der Erscheinungen etwas erkennen zu können, bräuchte man ein Festes, Dauerndes, worauf man das Flüchtige beziehen kann, sagt Frege. Und da hat er völlig recht. Doch nur weil er es braucht, darf er nicht meinen, dass er es auch finden kann. Es geht ja offenbar darum, am Erscheinenden einen Sinn zu erkennen. Und wenn er am Erscheinenden zu erkennen wäre, bräuchte er ihn wirklich nur zu finden - indem er lange genug hinsieht, als ein Erscheinendes unter Erscheinenden, und ein philosophisches Problem hätte es nie gegeben. Doch ist der Sinn aus einem andern Stoff gemacht (sic) als alles, was erscheint, weshalb er nicht zu finden, sondern nur zu er-finden ist. 
11. 5. 19 

 

Mittwoch, 23. Oktober 2024

Stoff und Form und Bestimmbares und Bestimmung.

                                                           zu Philosophierungen

Stoff ist, was er eben ist: alles mögliche oder auch gar nichts. Wenn er bloß mit sich selber wäre, oder an sich, wäre er ohne alle Eigenschaft.

Doch ganz allein mit sich selber kommt der Stoff nicht vor - mir nicht und keinem sonst. Sobald er mir vorkommt, habe ich ihn mir in irgendeiner Hinsicht bereits angeeignet; wenn ich ihn beispielswese sehe, sieht er so oder so 'aus' - nämlich mir. Was ich als eine Eigen-schaft von ihm auffasse, verdankt er ebensogut mir.

Habe ich seine Form - nämlich wie er mir vorkommt - bestimmt? Na, nicht die Form sel-ber, die muss schon dagewesen sein, bevor er mir vorkam; aber doch, was diese Form zu bedeuten hat - nämlich mir oder einem andern. Diese Bedeutung wiederum war schon da - nämlich bei mir oder einem andern -, bevor die Form mir vorkam

Was bedeutet die Bedeutung? Alles, was ich mit irgendwas - Form, Stoff, gleichviel - anfan-gen kann. Was denn anfangen? Seine Aneignung: seine Anpassung an irgendeine Absicht, die ich gegen ihn hegen könnte. Seine Eignung zum Angeeignetwerden muss ich erkennen.

Es mag immer sein, dass ich mir eine Absicht überhaupt erst einfallen lassen muss, nach-dem er mir vorgekommen ist - aber es muss doch schon meine Absicht sein. Und es mag sein, dass seine vorgefundene Form dann der Absicht doch nicht ganz genügt. Dann muss ich entweder aus der vorgefundenen eine selbstgemachte Form machen - seine Form an-ders bestimmen -; oder meine Absicht anders bestimmen, genauer, feiner, weniger endgül-tig: un bestimmter. 

Was das Bestimmbare und Stoff, was die Bestimmung und Form jeweils ist, hängt durchaus von den Umständen ab. Was immer Gegenstand für mich wird, nämlich meiner Absicht entgegensteht und überwunden werden muss, ist auf der einen, die Absicht und die über-windende Tätigkeit sind auf der andern Seite. Der Gegenstand mag in alle Ewigkeit für sich ganz allein bleiben und niemandes Gegen stand werden, dessen Absicht er entgegen stehen könnte. Die Absicht, nämlich die ihr entsprechende Tätigkeit, kann das nicht. Ohne letztere kämen die beiden nie zusammen und entstünde nie ein Umstand, in dem es etwas zu be-stimmen gäbe. Das eine ist nur Bedingung, das andere Verwirklichung.
23. 11. 20



Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE 

Noumena.*

                                        zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik    Ein Begriff, der uns in die intelli...