Freitag, 25. Oktober 2024

Das Verhältnis der Mannigfaltigen zueinander nennt man die Form.

  Miró, Deux personnes et une libellule 1938        zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete ...

V. Wie und auf welche Weise sollen nun in einem materiellen Körper durch Veränderungen desselben Begriffe ausge/drückt werden? Die Materie ist ihrem Wesen nach unvergänglich: Sie kann weder vernichtet noch kann neue hervorgebracht werden. Hierauf könnte der Be-griff von der Veränderung des gesetzten Körpers sonach nicht gehen. Ferner, der gesetzte Körper soll ununterbrochen fortdauern; es sollen demnach dieselben Teile der Materie bei einander bleiben und den Körper fortdauernd ausmachen. Und dennoch soll er durch jeden gefassten Willen der Person noch verändert werden. Wie kann er nun ununterbrochen fort-dauern und dennoch unaufhörlich, wie zu erwarten ist, verändert werden? 

Er ist Materie. Die Materie ist teilbar ins Unendliche. Er, d. i. die materiellen Teile in ihm bleiben, und er würde dennoch verändert werden, wenn die Teile ihr Verhältnis unterein-andeer selbst, ihre Lage zu einander veränderten. Das Verhältnis der Mannigfaltigen zu-einander nennt man die Form. Die Teile demnach, inwiefern sie die Form konstituieren, sollen bleiben; aber die Form soll verändert werden - (Inwiefern sie die Form konstituieren, sage ich: Es könnten also unaufhörlich welche sich abtrennen, wenn sie nur in demselben ungeteilten Momente durch andere ersetzt würden, ohne dass die geforderte Dauer des beschriebenen Körpers dadurch beschädigt würde.) - Demnach - unmittelbar durch den Begriff entsteht Bewegung der Teile, und dadurch Veränderung der Form.
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J. G. Fichte, Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 59f.  



Nota. - Es geht an dieser Stelle um das sog. Leib-Seele-Problem: Wie ist zu begreifen, dass ein Geist Materie, dass ein Wille die Körperteile kommandiert? Das ist keine Physik, son-dern Philosophie. Der Stoff ist gegeben, die Bewegung ist Form gebung; die mannigfaltigen Teile sind gleich-gültig, geändert wird ihr Verhältnis zu einander; es ist der Körper als Gan-zer, der bestimmt wird. Es ist die Bestimmung, die seine Ganzheit ausmacht. Würde der Körper nie bewegt, könnte er ebensogut tot sein.
JE

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