Dienstag, 8. Oktober 2024

Die Mystifikation der Arbeit.

                                                                       aus Marxiana

„Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums und aller Kultur, und da nutzbringende Arbeit nur in der Gesell- schaft und durch die Gesellschaft möglich ist, gehört der Ertrag der Arbeit unverkürzt, nach gleichem Rechte, allen Gesellschaftsgliedern.“ 

Erster Teil des Paragraphen: „Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums und aller Kultur.“
 

Die Arbeit ist nicht die Quelle alles Reichtums. Die Natur ist ebensosehr die Quelle der Gebrauchswerte (und aus solchen besteht doch wohl der sachliche Reichtum!) als die Ar-beit, die selbst nur die Äußerung einer Naturkraft ist, der menschlichen Arbeitskraft. Jene Phrase findet sich in allen Kinderfibeln und ist insofern richtig, als unterstellt wird, daß die Arbeit mit den dazugehörigen Gegenständen und Mitteln vorgeht. 

Ein sozialistisches Programm darf aber solchen bürgerlichen Redensarten nicht erlauben, die Bedingungen zu verschweigen, die ihnen allein einen Sinn geben. Nur soweit der Mensch sich von vornherein als Eigentümer zur Natur, der ersten Quelle aller Arbeitsmittel und -ge-genstände, verhält, sie als ihm gehörig behandelt, wird seine Arbeit Quelle von Gebrauchs-werten, also auch von Reichtum. 

Die Bürger haben sehr gute Gründe, der Arbeit übernatürliche Schöpfungskraft anzudich-ten; denn grade aus der Naturbedingtheit der Arbeit folgt, daß der Mensch, der kein andres Eigentum besitzt als seine Arbeitskraft, in allen Gesellschafts- und Kulturzuständen der Sklave der andern Menschen sein muß, die sich zu Eigentümern der gegenständlichen Ar-beitsbedingungen gemacht haben. Er kann nur mit ihrer Erlaubnis arbeiten, also nur mit ihrer Erlaubnis leben.
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aus Marx, Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei ("Kritik des Gothaer Programms") in MEW 19, S. 13


Nota I. -
Das Gothaer Programm war als Plattform für die Vereinigung der Lassalleaner mit den 'marxistischen' Eisenachern in einem Kuhhandel entstanden. Da die Lassalleaner in der Sache überall nachgeben mussten, wollten sie wenigstens auf dem Papier kompensiert wer-den. Das Ergebnis war ein heilloses Mischmasch aus allerlei sozialistischen Phrasen ver-schiedenster Provenienz. Marx und Engels waren geneigt, sich von diesem Potpourri öf-fentlich zu distanzieren. Sie ließen sich von Bebel und Liebknecht schließlich doch über-reden. 


Die Arbeit machen typischerweise die Apologeten der bürgerlichen Wirtschaftsordnung zum Fetisch. Da tun sie die Unternehmer und die Unternommenen in einen Sack und lassen unter den Tisch fallen, dass die sachlichen Bedingungen, die wirkliche Arbeit über-haupt erst möglich machen, von einer Seite her vorab monopolisiert sind - und es sieht fast so aus, als täten sie den Eigentümern des Arbeitsvermögens einen Gefallen, wenn sie ihnen die erforderlichen Arbeitsmittel  'überlassen'. Dass das Monopol über die Arbeitsmittel aus einer vorangegangenen Okkupation hervorgegangen ist, gerät im Weihrauch aus dem Blick.
19. 12. 18

 
Nota II. - Diesen Satz sollte man einrahmen und übers Sofa hängen: 'Nur soweit der Mensch sich von vornherein als Eigentümer zur Natur, der ersten Quelle aller Arbeitsmittel und -ge-genstände, verhält, sie als ihm gehörig behandelt, wird seine Arbeit Quelle von Gebrauchs-werten, also auch von Reichtum.' Die Natur allein macht keinen Kohl fett.
 JE,





Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.  JE

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