Donnerstag, 1. August 2024

Das Bewusstsein ist gleichsam ein Zirkel.

                                        zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Durch das Mannigfaltige der Einbildungskraft sehe ich mein Bestimmen (das Noumen); woher nun dieses Bestimmen, das ich da hindurchsehen soll? Gegeben kanns nicht sein, ich selbst bestimme mich ja selbst und bin mir desselben als mein Bestimmen [sic] unmittelbar bewusst. Dieses Bewusstsein ist ja aber die Hauptsynthesis. 
 
Der Hauptgedanke ist: Das ist das Gesetz unseres Denkens, dass wir dem Mittelpunkt man-ches anknüpfen, das jetzt [an dieser Stelle] angeknüpfte ist ja nicht der Mittelpunkt, sondern et-was durch die Kategorien der Substanzialität und Kausalität angeknüpftes. Man beschreibe erst den Mittelpunkt; dieser ist das sich selbst bestimmende Unmittelbare, nicht durch etwas Anderes hindurch Gesehene. Das Bewusstsein ist gleichsam ein Zirkel, das Intelligible der Mittelpunkt; die Peripherie ist nach notwendigen Gesetzen des Denkens an diesen Mittel-punkt angeknüpft, sie enthält alles Empirische, Sinnliche. 

Wir haben uns jetzt in die Peripherie verloren; nun kehren wir wieder in das Zentrum zu-rück und zeigen, wie eben solche und keine andere Radien beschrieben werden müssen. In diesem Mittelpunkte ist das Bestimmen durch bloßes Denken mit dem Auffassen des Un-endlichen durch die Einbildungskraft unzertrennlich vereinigt, es fällt in einen Akt des Be-wusstsein.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 207


Nota. - Tätigkeit überhaupt ist bestimmen. Bestimmen des Unbestimmten, wessen sonst? Das Unbestimmte ist als bestimmbar bestimmt - problematisch, als Aufgabe. Das Unbe-stimmte hat zwei Pole. Zuerst das, was bestimmen soll. Aber dann und zugleich: das, was bestimmt werden soll, nämlich es selbst. Bestimmen kann es sich nur durch Entgegenset-zen. Es kann sich nur bestimmen, indem es sich in sich selbst von sich selbst unterscheidet. Das kann ewig, nein: Das muss ewig so weiter gehen. Das Bestimmen seiner und das Be-stimmen zu etwas sind die beiden Pole einer ewigen Wechsel-Bestimmung.

Das ist weder Dogma noch Metaphysik: Es ist rein pragmatisch, nämlich Problem; und als nicht zu vollenden, als unendlich 'bestimmt' - sozusagen, denn es ist paradox.

JE,
20. 7. 20

 


Nota. - Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

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Bestimmt, unbestimmt, bestimmbar; setzen, abstrahieren.

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