Samstag, 10. August 2024

Das Ich ist frei, indem es sich befreit.

Univers-cité             zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Die Freiheit, oder was das gleiche heisst, das unmittelbare Handeln des Ich, als solches, ist der Vereinigungspunct der Idealität und Realität. Das Ich ist frei, indem und dadurch, dass es sich freisetzt, sich befreit: und es setzt sich frei, oder befreit sich, indem es frei ist. Be-stimmung und Seyn sind Eins; Handelndes und Behandeltes sind Eins; eben indem das Ich sich zum Handeln bestimmt, handelt es in diesem Bestimmen; und indem es handelt, be-stimmt es sich.

Das Ich kann sich nicht durch Reflexion als frei setzen, dies ist ein Widerspruch, und auf diesem Wege könnten wir nie zu der Annahme kommen, dass wir frei seyen; aber es eignet sich etwas zu, als Product seiner eigenen freien Thätigkeit, und insofern setzt es sich wenig-stens mittelbar als frei.
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J. G. Fichte, Grundriss des Eigenthümlichen der Wissenschaftslehre, SW Bd. I,
S. 371 



Nota I. - Die Rede ist nicht vom wirklich lebenden Menschen, sondern von 'demjenigen in oder an ihm', das als Wurzel seiner Vernünftigkeit aufgefunden wurde; demjenigen, das sich gesetzt hat.

Nota II. - Klar wird aber auch, dass Freisein kein Zustand ist, der dem empirischen Indivi-duum schlechterdings zukommt, sondern ein Akt, den es vollbringen muss, wenn es ver-nünftig sein will, weil es einsieht, dass es frei sein soll.
JE  8. 7. 20


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Bestimmt, unbestimmt, bestimmbar; setzen, abstrahieren.

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