Dienstag, 27. August 2024

Durchschnitt und Subjektität.

 Ike B.                                                                 aus Marxiana

Was immer sich generisch über 'die bürgerliche Gesellschaft' aussagen lässt, gilt jeweils nur im Durchschnitt. 'Begriffe' sind Abstraktionen von je individuellen Aktionen und Interaktionen zum Zweck der Reflexion. Die Durchschnittsgrößen, die im Verlauf des Marktgeschehens ausgemittelt werden, sind keine Ganzheiten, sondern Verallgemeinerung. Verallgemeinerung ist auch 'das Arbeitsvermögen'. Ein Ganzes kann es nur werden durch 'Bildung zur Partei'.

6) Das Ganze oder das Allgemeine

‘Wirklich’, d.h. wirkend, ist das ‘allgemeine Arbeitsvermögen’ nur auf dem Standpunkt des gesellschaftlichen  G a n z e n. Jedoch ist ‚die Gesellschaft‘ ein ’Ganzes’  n u r  in der  V o r-s t e l l u n g   (als ein  V e r h ä l t n i s ); empirisch ist sie dagegen nur ein endloser  Strom indi-vidueller Austauschakte, vermittelt durch die  K o n k u r r e n z:  diese  r e d u z i e r t  qua ‚allgemeines Äquivalent‘ die verschiedenen Arbeiten auf ‚Arbeit überhaupt‘: „abstrakt allgemeine Arbeit”, und diese Abstraktion vollzieht sie  r e a l : nämlich als  D u r c h -
 s c h n i t t. Also was im Begriff ‘Arbeitsvermögen’ dargestellt ist, existiert empirisch nur als ein Durchschnitt von vielen Arbeiten, und dieser Durchschnitt ist wiederum das Medium des gesellschaftlichen Zusammenhangs - als Parameter der individuellen Austauschakte. Aber ein Durchschnitt ist eben kein ‚Ganzes’, sondern ein Allgemeines; d.h. empirisch real ist nur die (unbestimmte) Menge - “unendliche Mannigfaltigkeit” - von individuellen An-bietern bestimmter Arbeitskräfte: Das ist die “Klasse an sich” der marxologischen Literatur, reines Ausbeutungsmaterial, das ein ’Ganzes’ darstellt  f ü r  das ihr gegenüberstehende Kapital - also gerade  n i c h t  ‘an sich’.

‘Klasse’ wird diese empirische Menge nur, insofern sie sich wirklich, d.h. wirkend dem Kapital entgegen s e t z t , “sich zur Klasse  b i l d e t” (und sei es nur ‘an sich für sich‘, faktisch, noch ohne das bestimmte Bewußtsein davon: ‘für sich für sich’); ‘zur Klasse bilden’ heißt: “zur politischen Partei”.

Und hier stoßen wir auf die dritte Gestalt des ‘Arbeitsvermögens’ bei K. M.: die “Arbeiter-klasse” als transzendentale ‘Idee’, sowohl erkenntnisleitendes, ‘regulatives’ Prinzip als auch -sofern die Erkenntnis nämlich praktisch, d. h. politisch, m o t i v i e r t  ist - als “praktisches Postulat”, nicht Bestimmtheit, sondern Bestimmung, d.h. nicht  S e i n, sondern  S o l l e n.

In keiner der drei Gestalten, in denen das Arbeitsvermögen in der ‘Kritik der politischen Ökonomie‘ vorkommt, handelt es sich um ein substantes Subjekt: Als bloßes ‘Vermögen’ ist es logisches Konstrukt, lediglich Erklärungsgrund eines empirisch Wirklichen; transzenden-tale Voraussetzung, keineswegs selber Realie;

- als empirische Realität ist es bloß faktische Addition  (p r o z e s s i e r e n d e:  also nicht einmal endliche  S u m m e)  individuell Gegebner; als solche nicht handelnd (‘wirkend’), sondern lediglich ‘leidend’; also   g a r   k e i n  ’Subjekt‘ - zur “Arbeiterklasse” wird diese empirische Menge nur, sofern sie handelnd sich als solche setzt; wirkliches, weil wirkendes Subjekt wird sie nur durch  E n t g e g e n setzung, nämlich effektive.


aus Marx und Fichte, im Sept. 1987

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Bestimmt, unbestimmt, bestimmbar; setzen, abstrahieren.

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