Montag, 12. August 2024

Denkgesetze sind keine Naturgesetze.

f.punkt                                   zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Wir können nur nach unseren Denkgesetzen erklären, und nach diesen muss die Antwort auf unsere Frage ausfallen. Unsere / Erklärung ist demnach auch nicht an sich gültig; ...
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J. G Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 166 


Nota I. - Das ist bei Kant nicht in dieser Bestimmtheit ausgesprochen: dass die Gesetze un-seres Denkens nicht zugleich die Gesetze sind, nach denen die Welt sich dreht. Es wäre ja nur möglich, wenn ein gemeinsamer Schöpfer es so eingerichtet hätte. Das ist allerdings der Grund-Satz des Rationalismus. Da man aber nichts darüber wissen kann, müsste man es glauben. 

Descartes hat aus dieser dogmatischen Prämisse seiner Philosophie kein Hehl gemacht. Kant hat daraus ein Hehl gemacht, und eben darum können wir darüber nichts wissen; ich glaube es aber.
24. 6. 16  

 

Nota II. - Herr E., das Problem liegt doch tiefer, als du hier leichthin vermutest. Es betrifft auch das, was F. den Denkzwang und ein intellektuelles Gefühl nennt. Es betrifft sogar den Grund der Transzendentalphilosophie selbst: nämlich Vernunftkritik.

Das System der Vernunft, das Kant zu seiner Zeit vorfand, war das Weltbild von Isaac Newton. Wenn auch die Kosmologie seither große Sprünge gemacht hat: Hier in unserer mesophysischen Lebenswelt gilt Newtons System en gros noch immer. Doch dass es sich in gewiser Hinsicht bis heute 'praktisch', nämlich eigentlich theoretisch bewährt hat, könnte ja auf einem Zufall beruhen. 

Nicht wahrscheinlich? Darum geht es nicht. Es darf, wenn Vernunft Vernunft sein und man mit ihr mehr als bloß sachlichen Vorteil herausfinden soll, nicht möglich sein. Ein solcher Zufall wäre es aber, wenn sich unsere Vorstellungswelt durch natürliche Selektion so an unsere materielle Umgebung angepasst hätte, dass wir uns eben immer schlecht und recht in ihr zurechtfänden - ohne dass doch ein Wort oder sonst ein Symbol, das wir verwenden, wahr  wäre. Und wir hätten dann nicht einmal den Wunsch entwickeln können, etwas Wah-res, was immer das sei, herauszufinden.

Die Tiere benutzen ja keine Symbole und kommen in ihren Umwelten doch zurecht. Was könnte der Unterscheid von wahr und unwahr für das Tier dann bedeuten? Was er für uns bedeutet, ist nicht etwa unklar, sondern viel mehr als das: Es ist strittig. Darum wollen wir herausfinden, ob die Vernunft durch Zufall auf uns gekommen ist oder mit Notwendigkeit. Das wäre ein Prüfsein für Wahr und Unwahr. Was wir davon haben, werden wir dann se-hen.
JE, 2. 2. 22

 

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