Dienstag, 20. August 2024

Bedingtheit der Konsequenz.

                               aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Nun aber ist meine Freiheit nur dadurch möglich, dass der andere innerhalb seiner Sphäre bleibe. Ich fordere sonach, so wie ich die erstere auf alle Zukunft fordere, auch seine Be-schränkung, und da er frei sein soll, seine Beschränkung durch sich selbst auf alle Zukunft: und dies Alles unmittelbar, so wie ich mich als Individuum setze.
 

Diese Anforderung an ihn ist in dem Setzen meiner als Individuum enthalten.

Er kann aber nur zufolge eines Begriffes von mir als einem freien Wesen sich beschränken. Doch fordere ich diese Beschränkung absolut, ich fordere von ihm sonach Konsequenz, d. h. dass alle seine künftigen Begriffe durch einen gewissen vorhergegangenen,
[nämlich] die Er-kenntnis von mir als einem vernünftigen Wesen, bestimmt seien.

Nun aber kann er mich für ein vernünftiges Wesen anerkennen nur unter der Bedingung, dass ich ihn selbst als ein solches behandele zufolge dieses Begriffes von ihm. Ich lege mir also die gleiche Konsequenz auf, und sein Handeln ist bedingt durch das meinige. Wir ste-hen in Wechselwirkung der Konsequenz unseres Denkens und unseres Handelns mit sich selbst und gegenseitig unter einander.
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J. G. Fichte, Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 52



Nota. - Warum all dieser dialektische Aufwand, wo es doch nur um die Selbstverständlich-keit geht, dass Vernunft auf gedanklicher Konsequenz beruht? Eben weil es eine Selbstver-ständlichkeit ist. Dass darunter ein Problem versteckt liegt, muss immer erst herausgearbei-tet werden. Ein Vertrag beruht darauf, dass
die abschließenden Parteien sich an die Vertrags-bedingungen halten. 'Das versteht sich von selbst'? Aber nur in einem gesellschaftlichen Zu-sammenhang, in dem der eine den andern als seinesgleichen voraussetzt und sich beide als einander verpflichtet ansehen: Um diese Voraussetzung dreht sich der ganze Text.
JE 24. 2. 19


Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE 

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Bestimmt, unbestimmt, bestimmbar; setzen, abstrahieren.

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