Bernhard Wasem
aus Marxiana
Der fact, daß mit der Entwicklung
der Productivkräfte der Arbeit die gegenständlichen Be-dingungen der
Arbeit, die vergegenständlichte Arbeit wachsen muß im Verhältniß zur
leben-digen Arbeit – es ist dieß eigentlich ein
tautologischer Satz, denn was heißt wachsende Pro-ductivkraft der Arbeit
anders, als daß weniger unmittelbare Arbeit erheischt ist, um ein
größ-res
Product zu schaffen und daß also der gesellschaftliche Reichthum sich
mehr
und mehr ausdrückt in den von der Arbeit selbst geschaffnen Bedingungen
der Arbeit – erscheint vom Standpunkt des Capitals so, nicht daß das
eine
Moment der gesellschaftlichen Thätig-keit – die gegenständliche Arbeit –
zum immer gewaltigern Leib des andren Moments, der subjektiven,
lebendigen Arbeit wird, sondern daß – und dieß ist wichtig für die
Lohnarbeit –
die objectiven Bedingungen der Arbeit eine immer colossalere
Selbstständigkeit, die sich durch ihren very extent darstellt, gegen die lebendige Arbeit
annehmen, und der gesellschaft-liche Reichthum in gewaltigern Portionen als
fremde und beherrschende Macht der Arbeit gegenübertritt.
Der Ton wird
gelegt nicht auf das Vergegenständlichtsein, sondern das Entfremdet-,
Ent-äussert-, Veräussertsein – das Nicht-dem-Arbeiter-, sondern den
personificirten Producti-onsbedingungen, i. e. dem-Capital-Zugehören der
ungeheuren [ver]gegenständlichten Macht, die die gesellschaftliche Arbeit
selbst sich als eins ihrer Momente gegenübergestellt hat. Soweit
auf dem
Standpunkt des Capitals und der Lohnarbeit die Erzeugung dieses
gegen- ständlichen Leibes der Thätigkeit im Gegensatz zum unmittelbaren
Arbeitsvermögen ge-schieht – dieser Process der Vergegenständlichung in
fact als
Process der Entäusserung vom Standpunkt der Arbeit aus oder der
Aneignung fremder Arbeit vom Standpunkt des Capitals aus erscheint – ist
diese Verdrehung und Verkehrung eine wirkliche, keine blos ge-meinte, blos
in der Vorstellung der Arbeiter und Capitalisten existirende.
Aber offenbar
ist dieser Verkehrungsprocess blos historische Nothwendigkeit, blos
Noth-wendigkeit für die Entwicklung der Productivkräfte von einem
bestimmten historischen Ausgangspunkt aus, oder Basis aus, aber
keineswegs
eine absolute Nothwendigkeit der Pro-duction; vielmehr eine
verschwindende und das Resultat und der Zweck (immanente) dieses
Processes ist
diese Basis selbst aufzuheben, wie diese Form des Processes.
_____________________________________________________
K. Marx, Grundrisse, MEGA II/1.2, S. 698 [MEW 42, S. 721f.]
Nota. - Dies
war stets die Lieblingsspielwiese der hegelisierenden
Marx-Interpretation: Ver-gegenständlichuung, Verdinglichung, Entfremdung;
ein scheinbar vertrautes Terrain der bloß-ideologischen Kritik,
orientiert am 'Herr-und-Knecht'-Kapitel der Phänomenologie der Geistes, wo
ganz im Dunkeln bleibt, was den Knecht bewogen haben mag, sich zu
un-terwerfen und den Andern zu seinem Herrn zu machen. Es bleibt nur die
mystifizierte Vor-stellung von der Selbstbewegung des Begriffs, um da
einen Sinn hineinzufinden.
Doch nicht so bei Marx. Bei ihm
produzieren wirkliche Menschen sachliche Gegenstände, und sie tun das
unter historisch vorgegebenen Bedingungen - und nur unter diesen Bedin-gungen. Die dialektische Form der Darstellung
hat den Sinn, aus dem Strom der Erschei-nungen die tätigen Subjekte
hervortreten zu lassen, und nicht, sie im Gegenteil in einen
selbsttragenden Prozess zu versenken.
Und vor allem: Es geht hier nicht um Formbestimmung des (hier: fixen) Kapitals, sondern um seine absolute Größe; seinen "very extent" und seine krasse Disproportion gegen die lebendige Arbeit.
JE, 10. 8. 15
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