Der alles entscheidende Mangel der künstlichen gegenüber der lebendigen Intelligenz ist, dass sie keinem organischen Leib innewohnt, der in der Welt ist. Der Mangel der tierischen Intelligenz ist, dass der organische Leib, dem sie innewohnt, nicht in einer Welt ist, sondern nur in seiner (!) Umwelt.
Künstliche Intelligenz reagiert auf Daten, die ihr anonym von außen zugeführt werden und die sie nicht beurteilen, aber miteinander verrechnen kann. Auch tierische Intelligenz rea-giert auf Daten - die sie nicht selber identifizieren muss, weil ihre Reaktionen genetisch pro-grammiert sind. Menschliche Intelligenz reagiert auf Daten, die sie unablässig in einer unge-stalten Menge auf- und aussucht, absichtsvoll zueinander in Beziehung setzt und daraus Schlüsse folgert. Denn sie ist in einer Welt, wo sie 'Daten' nicht nur aufnimmt, sondern auch eingibt.
*
Bewusstsein ist das Vermögen, die eigene Aufmerksamkeit zu richten - man merkt auf etwas. Das setzt voraus, sich von etwas anderm unterschieden zu haben. Setzt es voraus? Nein, es ist es selbst, beides geschieht im selben Akt. Um mich selbst zu bemerken, muss ich Anderes von mir unterschieden haben - auch das geschieht im selben Akt. Bewusstsein ist von vorn das, was Selbstbewustsein von hinten ist; oder andersrum.
*
Anderes ist Fremdes. Die intelligente Maschine kennt nichs Fremdes: Was sie kennt, wurde ihr eingegeben; sie lernt es kennen als Bestandteil "ihrer selbst", aber ein Selbst hat sie nicht, weil ihr nichts Fremdes begegnet. Sie ist in keiner Welt: Eine Welt ist ein Reich von Anderm, und unter Bewusstsein versteht man die Absicht, es sich bekannt zu machen.
Ein Tier dagegen begegnet keinem Fremden. In seiner Umwelt kommt nur vor, was gat-tungsmäßig zu ihm schon in einem Verhältnis steht; Nahrung oder Fressfeind. Es kennt es, weil es genetisch in sein Verhaltenspotenzial eingeprägt ist. Es muss auf nichts merken, es reicht, dass es reagiert - möglichst schnell.
*
Der Schlüssel zum bewusst-Sein-meiner ist die Unterscheidung, ob die Gefühle, die mein Sensorium meinem Gehirn vermeldet, mir 'ganz von allein' zukommen, oder aus meinem Handeln stammen: daraus, dass meine Tätigkeit einen Widerstand er-fährt aus einem, das ihr entgegensteht und ihr als Gegen stand vorkommt. Der Unterschied ist nicht in ihm be-gründet, sondern in ihr, denn dass sie selber tätig ist, weiß sie, indem sie tut.
Die Realität der Dinge ist dem Erlebenden verbürgt durch die Gefühle, die ihr Widerstand gegen seine Tätigkeit auslöst. Darauf kann er merken. Nicht nur seine Selbstgewissheit, son-dern auch seine Außenwahrnehmung entsteht als Interpretation, d. h. sinnhafte* Ausdeu-tung der Meldungen seiner Sinnesorgane an die Ner-venzellen in seinem Gehirn. Unter-scheiden nach 'innen' und 'außen' kann er nicht die Gefühle selbst, sondern durch seine Tätigkeit, die diese hervorbringt und jene nicht. Die einen schreibt er den Gegenständen zu, auf die er 'selber' wirkt, die andern seinem Leib, der ihm erst durch diese Unterschei-dung zu seinem wird.
Diese Unterscheidung nennen wir Bewusstsein. Sie muss unentwegt erneuert werden, um über den Augenblick hinaus zu dauern.
*) Einen Sinn muss er eingangs selber hineinstecken, als Absicht. Die entsteht nicht aus (bewusster!) Reflexion, sondern begründet sie.
Nota. Das
obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie
der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht
wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.JE
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen