Sonntag, 29. September 2024

Bestimmt, unbestimmt, bestimmbar; setzen, abstrahieren.

                       aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
 
Im vorigen Paragraphen war es uns um die Erkenntnis des Bestimmten, jetzt ists aber uns um die Erkenntnis des Bestimmbaren zu tun.

1) Das Ich setzt sich nach vorigem Paragraphen als vorstellen könnend oder nicht - was soll dies heißen? Wir können uns dies denken, denn wir haben schon oft und unser ganzes Le-ben hindurch dergleichen freie Handlungen vorgenommen. Von dem Bestimmten, was wir nun kennen, abstrahieren wir; also dieses Denken ist ein abstraktes und daher ein unbe-stimmtes Denken. Dies kann uns bloß auf den Weg führen, worauf es liegt; aber uns nicht auf den Punkt stellen, worauf es uns ankommt.

Das bloß unbestimmte Denken ist die Quelle vieler Irrtümer in der Philosophie. Wir kön-nen oder nicht - das können wir uns wohl denken; aber nicht das ursprüngliche Ich, dem wir zusehen, denn dieses hat noch nichts zu abstrahieren, wir sind hier beim Anfange alles Handelns. 

1) [sic] Das Ich muss für ein bestimmtes Tun, d. h. dajenige, was hier alleinm stattfinden kann, überhaupt anschauen, und zwar, da es ein freies Tun sein soll, als etwas, das es vollziehen kann und auch nicht.

Bestimmtheit hat hier zwei Bedeutungen. Das, wovon wir hier reden, soll das Bestimmbare sein, von dem soll zum Be/stimmten übergegangen werden; doch ist das Bestimmbare in bestimmter Rücksicht bestimmt, es ist ein Anschauen, und seine Bestimmbarkeit besteht darin, dass es ein Begreifen ist.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 108f.


Nota I. - Das Unbestimmte wird bestimmt als ein Unbestimmtes, was nichts anderes be-deutet denn: als ein zu-Bestimmendes. - Das Bestimmbare ist kein Bedeutungsloses. Denn es ist nicht zuerst unbestimmt, das Ich entschließt dann sich zum Bestimmen, und dadurch wird es ein Bestimmbares; sondern indem das Ich schon zu handeln (
=anzuschauen) be-ginnt, wird es überhaupt erst für das Ich - und eo ipso ein Bestimmbares. Vorher war es für das Ich nicht da. (Ob für einen andern, könnte nur er uns sagen.)

Nota II. - Transzendentalphilosophie ist keine Entwicklungspsychologie. In der Realge-schichte eines Individuums kommt das nicht vor: Zuerst denkt das Individuum 'überhaupt', und danach verdichtet es sein Denken zu 'diesem'. Die Wissenschaftslehre ist keine histo-rische Nacherzählung, sondern ein genetisches Modell, in dem es kein vor- und nacheinan-der gibt, sondern lediglich wechselseitige Bedingungen.
25. 10. 16

Nota III. - Alles Bestimmen ist ein Akt des Reflektierens. Abstrahieren kann man nur von einem, das vorher gesetzt worden ist. Das Setzen fasse ich auf als reale Tätigkeit, bestimmen ist eine (die) ideale Tätigkeit. Ent-Setzen  - als nicht gesetzt-Setzen - ist kein ungeschehen-Machen einer realen Tätigkeit, sondern seiereseits eine ideale Tätigkeit; abstrahieren heißt negativ-bestimmen. Gesetztes nicht-gesetzt-machen heißt negieren.
JE,
21. 4. 20



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Samstag, 28. September 2024

Wo die Vernunft an ihrem Platz ist und wo nicht.

zoom, pixelio.de          aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik 

 ...Übereinstimmung, der große Zweck der Vernunft
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J. G. Fichte in: Rückerinnerungen, Antworten, Fragen [S. 136]
 



I. Vernunft ist nicht an sich, sondern sie dient einem Zweck. Für diesen Zweck ist sie in die Welt gekommen und nur für den ist sie da.

II. Mit andern Worten: Vernunft ist immer da an ihrem Platz, wo Übereinstimmung ange-bracht ist. Alles andere liegt nicht in ihrem Zweck. 

III. Im sittlichen Bereich ist Übereinstimmung nicht nötig. Das Sittengesetz lautet: Tu das, was dein Gewissen dir gebietet, oder, mit andern Worten: Handle aus Freiheit. Aus Freiheit kann ich nicht handeln, wenn ich zuerst frage, was den andern ihr Gewissen gebiete, und mich mit ihnen darüber ins Benehmen setze. Es kommt auch gar nicht darauf an, ob es dasselbe gebietet, sondern darauf, dass es das Gewissen ist, das gebietet.

IV. Übereinstimmen müssen wir nicht über Gott und die Welt. Es reicht, wenn wir in dem Teil der Welt, in dem wir miteinander verkehren, übereinstimmen über die Angelegenheiten des Teils der Welt, in dem wir miteinander verkehren. Übereinstimmen müssen wir nicht über Gott und nicht über jenen Teil der Welt, in dem ein jeder von uns nur für sich ist.  

Bedenkend immer: Die Welt ist keine Gegend, sondern lediglich ihr Horizont.
23. 6. 14 


'Vernunft und Öffentlichkeit bedeuten dasselbe...' - sofern nämlich Öffentlichkeit schlech-terdings Kritik bedeutet, und zwar Kritik ohne jede Grenze, weder in der Zeit noch im Raum. 

Vernunft ist kein Stoff und keine Energie, die man haben oder nicht haben kann. Vernünf-tig kann man sein, und das bedeutet: allgemein nur gelten lassen, was sich der Kritik stellt und ihr standhält. 'Vernunft' ist der Inbegriff all dessen, was die Kritik überstanden haben wird. Sie ist ein bloßes proiectum, weil die Kritik sachlich nie zu einem Ende kommt.


Nein, damit ist Vernunft nicht als Konsens oder als bloße Intersubjektivität bestimmt. Kon-sens ist das, was eine bestimmte und daher zufällige Anzahl von Individuen unter sich zu einem gegebenen Zeitpunkt aus je gegebenen, aber unergründlichen Motiven als momen-tan für einander gelten sollend vereinbart haben. Eine Art kleinster gemeinsamer Nenner, eine Menge, die zu einem andern Zeitpunkt größer oder kleiner hätte ausfallen oder auch ausbleiben können. Das ist in logischer Hinsicht so kontingent wie das gelegentliche Mei-nen und Dafürhalten von Irgendwem. 'Was Vernunft gewesen sein wird' ist nicht Ergebnis einer allmählichen, einvernehmlich Anhäufung, sondern im Gegenteil Resultat einer Reduk-tion: Das, was der prozessierenden öffentlichen Kritik noch immer standhält, darf als allge-mein und notwendig gelten. Vom privaten Meinen des einen oder andern ist es ganz unab-hängig.

Merke: Was nicht in die Öffentlickeit gehört, ist der Vernunft gleichgültig.
24. 5. 2015

Freitag, 27. September 2024

Anschauen ist die Tätigkeit, die Allem zugrundeliegt.

         zu  Philosophierungen, oder Das Vernunftsystem

Nicht erst vorstellen - ein Bild in mir aus mir selbst hervor bringen - ist Tätigkeit; sondern auch ein Bild anschauen, das längst vor mir da war. 

Keine Tätigkeit ist fühlen. Gefühle - die Reize, die unsere Sinneszellen anzeigen - werden allererst dadurch, dass sie von unseren Neuronen angenommen und geordnet werden - in-dem ich mir aus ihnen ein Bild mache. Und ipso facto werden sie qualifiziert - begrüßt oder abgelehnt. 

Das ist der ästhetische Elementarakt. 

Alles weitere intellektive Verarbeiten, alles Denken in specie, ist Reflektieren auf diesen Akt.

Merke: Allem liegt Tätigkeit zugrunde.

 

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Donnerstag, 26. September 2024

Der Vernunftzweck.

Rainer Sturm, pixelio.de            aus Philosophierungen, oder Das Vernunftsystem

Es soll Vernunft geben, damit Öffentlichkeit herrschen kann.
aus e. Notizbuch ,im August 2008

Es soll Vernunft herrschen, damit es Öffentlichkeit geben kann.
Nur wo Öffentlichkeit sein soll, muss Vernunft herrschen.
In der Öffentlichkeit kann nur Vernunft herrschen.
Wo Vernunft herrschen soll, muss Öffentlichkeit sein.

15. 2. 16

 

Herrschaft von Öffentlickeit wäre ein unendlicher Prozess des Bestimmens und Reflektie-rens; stets unter der Fiktion, einem Absoluten zuzustreben, und ohne daher eine Unter-brechung zu dulden.  
10. 9. 21.

 

Mittwoch, 25. September 2024

Die Unverzichtbarkeit des Absoluten.

                                                                  aus Philosophierungen,

Die Erwartung, dass es ewig so weiter geht, ist die profanste Variante von der Vorstellung, dass die Welt – und das Leben in ihr – einen Sinn hat: Wenn an alles, was ich tue, sich eine unendliche Kette von Folgen fügt, dann wird mein Leben am Ende jedenfalls nicht um-sonst gewesen sein. 

Ergänzen wir die Versuchsanordnung um dieses Partikel: Die Menschheit stirbt zwar aus; aber danach kommen alle Taten und Unterlassungen auf einen Tisch, werden sortiert und gewichtet, und eine höhere Intelligenz außerhalb von Raum und Zeit zieht eine allerletzte Bilanz.

Nur die Fiktion von irgendetwas Absolutem kann meiner kurzen Existenz einen Sinn ver-leihen, um dessentwillen es sich lohnt, ein Leben lang stets und immer wieder die Wahl zu treffen zwischen dem Richtigen und dem Falschen; denn ohne dies wäre Alles gleich gültig und ich könnte mich meinem Stoffwechsel überlassen und meinen Leibesregungen. 

Das könnte immer noch das Leben eines Krämers werden; jedenfalls so lange ich nicht kühlen Bluts der Tatsache ins Auge blicke, dass Sinn doch immer nur eine Fiktion bleibt.
23. 10. 15 
 
Eine Fiktion, aber kein Metaphysicum; eine ethisch-ästhetische Absicht.
14. 9. 21 
 
 
Wenn ich kein Unbedingtes annehme, das alles Andere bedingt, muss ich annehmen, dass alles, was mir vorkommt, unbedingt ist: alles gleich ursprünglich und eins so gut wie das andere. Dann habe ich keine Wahl und muss alles dem Zufall überlassen. Will ich aber wählen können, muss ich annehmen, dass, wenn sich schon dieses und jenes nicht durch sich selbst unterscheidet, wenigstens ich sie von einander unterscheiden darf. Ich muss mir ein Unbedingtes denken. Wenn ich unterscheide, muss ich annehmen, dass etwas da ist - und sei es nur in meiner Vorstellung -, das mir das Unterscheiden erlaubt. 
 
 
 
 
 
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Dienstag, 24. September 2024

Der Hauptgedanke: Alles Bewusstsein ist nur Selbstbewusstsein.

Dalí                        aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Zweite Haupthälfte dieses Paragraphen

Wir stehen bei der Darstellung des Hauptgedankens: Alles Bewusstsein ist nur Selbstbe-wusstsein. Dazu ist genetisch nachzuweisen, dass und wie aus dem Bewusstsein unserer selbst alles Bewusstsein auf dem gewöhnlichen Gesichtspunkte fließe. Wir / haben vorgear-beitet: Das Ich wird gedacht dadurch, dass Sein und Denken als absolut identisch gedacht oder vereinigt werden (Idealität und Realität sind eins); nicht ein Sein und Denken des Ich werden als eins gedacht, sondern durch die Vereinigung des Seins mit dem Denken kommt das Ich selbst zustande. Denn das Ich ist ja noch nicht vorausgesetzt, sondern wir wollen erst seiner Entstehung zusehen. Dieses ganze Bewusstsein und Ich, dieses beides sind ganz dasselbe, nur angesehen von zwei Seiten; im gemeinen Bewusstsein ist es Ich, in der trans-zendentalen Philosophie [ist es] Identität des Seins und des Denkens.

"Diese Synthesis nun ist das Bewusstsein", dies wollen wir beweisen. Dafür ist schon fol-gendes geschehen: Jenes Synthetisieren des Seins und Denkens ist zugleich ein Analysieren, und dadurch wird das Synthetisieren erst möglich. Das mannigfaltige Sein und Denken und die Vereinigung wird in einem und demselben Akte gesetzt. Sehen wir nur auf die Analyse, so bekommen wir gleichsam zwei Reihen; jedes einzelne ist ein Ich auch nur, in wiefern es gedacht wird - und nicht angesehen wird als gedacht und erzeugt in demselben Momente, sondern diskret in einer Zeitreihe. Dieses zerstreute Denken ist in der höchsten Synthese eins. Mein unmittelbares Denken ist nicht in der Zeit, sondern dadurch wird mein vermit-teltes Denken in die Zeit heineingesetzt.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 192f.
 



Nota I. - "...wird in einem und demselben Akt gesetzt", und sobald auf diesen Akt reflek-tiert wird, muss es so erscheinen, als sei sowohl die Zweiheit als auch die Einheit, jede für sich, zuvor bereits 'dagewesen'. Die Sprache schiebt dem Denken stets, wenn es sich auch eben erst davon freigemacht hat, die Vorstellung von einem An-sich wieder unter. Die lo-gische Darstellung durch reine Zeichen kanonisiert das dogmatische Denken. 

Die genetische Darstellung, die die einzelnen Bestimmungen in ihrer Entstehung sichtbar machen will, muss sich notdürftig damit behelfen, dass sie alles, was sie sagt, in der nächsten Zeile wieder zurücknimmt, einschränkt oder umkehrt. Ja ja, nein nein kann ihre Rede nicht sein. Dass die genetische Darstellung verwirrend ('dialektisch') ist, liegt an ihrer Absicht und lässt sich nicht ändern

28. 2. 17
 

Nota II. - Indem ich etwas 'setze' und als dieses 'bestimme', fülle ich nicht die Welt, sondern mein Bewusstsein, denn nur dort gibt es eine 'Welt'. Indem mein Wissen auf die Welt 'geht', geht es auf seinen eigenen Gehalt. Beide sind dasselbe.

Dass dies der Hauptgedanke der Wissenschaftlehre sei, gilt nur in einem gewissen Sinne, aber in dem gilt es absolut.
JE,  10. 9. 21

Montag, 23. September 2024

Eine genetische Einsicht in den Ursprung unserer Vorstellungen.

 

Anmerkung A.                                                          aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Dies ist die charakteristische Auszeichnung der Wissenschaftslehre: Ich denke nur mein Denken in die Zeit / hinein; nur dadurch, dass mein Denken Gegenstand des Bewusstseins wird, fällt es mir in die Zeit. Dies wird bei Kant vernachlässigt, da der Begriff der Ichheit vernachlässigt wurde. Das Denken hat die Zeit schon bei sich; wer also vom bloßen Den-ken redet, der kann gar nicht darauf kommen, die Zeit abzuleiten; in die Zeit fällt aber nicht das Ich,* und wenn man weiß, dass dem Denken Bewusstsein beiwohnt, kann man darauf kommen, die Zeit abzuleitem.

Die Wissenschaftslehre ist nicht etwa selbst Erzeugerin einer Erkenntnis, sie ist bloß Beob-achterin des menschlichen Geistes im ursprünglichen Erzeugen aller Erkenntnis, aber das Kantische System geht in der Beobachtung nicht zu Ende wie die Wissenschaftslehre. Der gemeine Verstand tut aber und beobachtet nur das Produkt seines Tuns; merkt aber nicht, dass er beim Tun die Zeit u.s.w. erzeugt. Die Wissenschaftslehre gibt aufs Tun selbst Acht, welches
[die] erwähnte Synthesis ist, und sie muss diese Synthesis unabhängig von der Ana-lyse aufstellen; nur so entsteht eine genetische Einsicht in den Ursprung unserer Vorstellun-gen.

Zeit ist nur ein Verhältnis, in welches wir unsere Vorstellungen zu setzen genötigt sind. Das Gesetz dazu sehen wir entstehen, mit ihm die Zeit, aus diesem Verhältnisse in der Zeit ent-steht alles Übrige. Dieses ist der Hauptpunkt der transzendentalen Philosophie.

Anmerkung B. 

Demnach - wie das Ich sich denkt in dem beschriebenen Denken, so denkt es sein ganzes Bewusstsein, seine ganze Erfahrung mit, also das Intelligible oder Apriori im Kantischen Sinn des Worts und Aposteriori, beides sind ganz dasselbe, bloß angesehen von verschiede-nen Seiten. 
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 191f.
 



Nota. -  Das synthetische Denken, von dem im letzten Paragraphen gelegentlich verwirrend die Rede war, ist das Denken der Wissenschaftslehre. Wenn der gewöhnliche Verstand den-kend handelt, achtet er nur auf die Produkte seines Handelns, und das sind gewöhnlich Be-griffe - darunter die Zeit, durch die sie zu einander im Verhältnis (der Sukzession) stehen. Die Wissenschaftslehre sieht aber nicht nur dem Auftreten der Begriffe zu, sondern zu-gleich der Tätigkeit des Begreifens; und zwar beiden zugleich, denn trennen lassen sie sich erst wieder in der Reflexion. (Auch das gewöhnliche Denken reflektiert, aber es hat hier nichts zu trennen.)

Dieses Verfahren, das nicht darstellt, wie die Begriffe auseinander hervorgehen, sondern wie das Ich Vorstellungen hervorbringt, die es in Begriffen fasst und fungibel macht, heißt das genetische.

*) Noch immer ist die Rede nicht vom empirischen Subjekt, sondern vom Ich als Noume-non und seinem 'Bewusstsein überhaupt'.

JE,
11. 9. 21





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Sonntag, 22. September 2024

Die ursprüngliche Duplizität des Geistes.

                            
Anmerkung B                                                                   aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkriti
 
Das Ich ist nichts aus einem Mannigfaltigen der Vorstellung Zusammengestoppeltes - aber doch von einer Seite ist es wahr. Der Fehler dieser Behauptung liegt lediglich in der Einsei-tigkeit. Denn das ideale und reale Denken wird im synthetischen Denken vereinigt, also muss es doch ein solches verschiedenes Denken geben (darauf stützt sich jene Behaup-tung); aber beides ist einerlei Denken. 

Dieser scheinbare Widerspruch führt uns auf ein wichtiges Resultat: Beides, das verschiede-ne und
[das] vereinigende Denken, sind selbst eins und unzertrennlich, das verschiedene wird durchs synthetische nicht bloß vereinigt, sondern erst getrennt, ohne vereinigt werden zu können. Aber wie soll es getrennt sein? Zweierlei Denken an sich kanns nicht geben! In der Vereinigung wird es getrennt und durch die Trennung vereinigt, beides ist nicht zu trennen.

Es ist in mir ein erstes ursprüngliches Bewusstsein - A, dieses wird infolge der Duplizität des Geistes doppelt
/ angesehen - B + C, aber C wird selbst wieder doppelt angesehen. A wäre die Masse des Denkens, die Synthesis (denn die Wissenschaftslehre stellt immer laute-re Massen auf, in jedem Moment ist ein Mannigfaltiges) B soll sein das Denken meines Den-kens; C soll sein das, dessen ich mir bewusst bin. Beide sind A; die Teilung kommt bloß von der ursprünglichen Duplizität, der Subjektobjektivität. 

C erscheint selbst doppelt als ideales Denken eines Zwecks, reales Denken eines Objekts - X + Y. B ist in Beziehung auf C trennend, vereinigend beides - A ist in Beziehung auf B und C auch trennend und vereinigend.  Wir haben also eine ganze  Masse von Mannigfalti-gem. Deswegen haben wir dieses Denken synthetisch genannt, das Ich wird zwischen bei-de hineingesetzt als vereinigend. Allein dieses Denken muss sie erst verschieden darstellen, und also auch analytisch sein. Die Analyse geschieht durch den Denkakt, der hypothetisch notwendig ist, selber aber auf der Freiheit beruht.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg
1982, S. 184f.   


Nota. - 'Dialektisch' muss das kritische Denken verfahren wegen der "ursprünglichen Du-plizität": Ich kann mich als Subjekt nicht setzen, ohne mich zugleich als Objekt zu setzen (oder umgekehrt). Auf alles, was ich 'an sich' tue, muss ich zugleich reflektieren, weil es an-ders für mich
nicht werden kann. - Das ist inzwischen eine Trivialität, aber die Wissenschafts-lehre ist in gewisser Weise nichts anderes als eine endlose Variation zu diesem Thema: Wer synthetisieren will, muss zuvor analysieren. Die verwirrende Schwierigkeit der WL entsteht aus dem unablässigen Wechsel zwischen beiden Perspektiven. (Manchmal verheddert sich F. anscheinend selber und stellt die Sache umständlicher dar als nötig.)
JE,
18. 2. 17





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Samstag, 21. September 2024

Jedes synthetische Denken ist auch Analyse.

mühlstein-online              aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

4. In der Aufforderung nun soll ich mich finden, so gewiss ich aufgefordert bin, aber unter welcher Gestalt finde ich mich? In dem beschriebenen synthetischen Denken finde ich mich denkend einen Zweck [und] denkend ein durchs Denken desselben bewirktes Objekt, beides in demselben Momente, oder richtiger: in keinem Momente, außer aller Zeit.

Wir haben also zwei äußere Glieder, in deren Mitte das synthetische Denken liegt und das Innere derselben ausmacht. Es wird sich finden, dass jedes von beiden wieder an ein Äuße-res geknüpft wird und wir ein Fünffaches erhalten im Bewusstsein, also einen synthetischen Periodum, der immer fünffach ist. Wir haben hier den Vorteil [sic] von den Inneren heraus; nicht, wie in der gedruckten Wissenschaftslehre, von außen herein. In dieser Synthesis liegt alles Denken darin, denn alles ist ein bestimmtes Selbstbewusstsein.

Jedes synthetische Denken ist auch Analyse, wodurch es in die Zeit verstreut wird, und durch die Beziehung dieser Verhältnisse erhalte ich ein mannigfaltiges Denken, und nur dadurch auch ein Mannigfaltiges für das Denken. Die gemeine Ansicht widerspricht zwar dieser Ansicht - weil man, um in der Zeit zu denken, schon in der Zeit sein müsse? Dies sagt aber ein Reflektierender; wenn er anders denken könnte, so wären unsere Sätze un-richtig.

Wir können doch aus der Form des Bewusstseins in der  Erfahrung nicht herausgehen? Wir erhalten sonach eigentlich zwei Reihen neben einander:

1) Reihe des idealen Denkens, ausgehend vom Denken des Zwecks;
2) des realen, ausgehend vom Denken des Objekts unseres Willens.

Eine nicht ohne die andere, eins nur [durch] das andre möglich; aber hier im Philosophieren müssen wir sie einzeln denken.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 188
 
  

Bestimmt, unbestimmt, bestimmbar; setzen, abstrahieren.

                       aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik   Im vorigen Paragraphen war es uns um die Erkenntn...