Donnerstag, 28. August 2025

Die Reflexion ist frei.

 Kristall                zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Hier haben wir den wahren Entstehungspunkt des Bewusstseins: die Freiheit der Reflexion.
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J. G. Fichte, Wissenschaftsjehre nova methodo, S. 157  

Die Reflexion ist schlechthin frei in der Wahl des Mannigfaltigen, auf welches sie geht, es ist kein absoluter Grund da, warum sie dies oder jenes wähle.
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ebd., S. 156

 

Nota. - Bewusst 'sein' ist meiner-selbst bewusst werden, indem meine Tätigkeit auf etwas stößt, das ihr Widerstand entgegensetzt; und dabei sich selbst anschauen wie auch den Gegenstand.

Das ist nach Fichte einerseits "reale" Tätigkeit, soweit ein Bild entsteht; und andererseits "ideale" Tätigkeit, indem das Bild angeschaut wird. Die reale Tätigkeit ist produktiv, indem etwa Neues angefangen wird. Die ideale Tätigkeit fügt dem Bild nichts hinzu, sondern be-stimmt lediglich seine Anschauung.

Es handelt sich wohlbemerkt nicht um zwei verschiedne Kräfte, die von verschiedenen Substanzen ausgingen: Zu einer solchen Annahme besteht vorab kein Anlass. Es handelt sich lediglich um verschiedene Leistungen; diesen rechnen wir je ein spezifisches Vermögen zu. Es gibt keinen Grund, dafür zwei Substanzen anzunehmen, solange eine ganzen Dienst tut. 

Gehen wir weiterhin von einem an sich selbst ununterschiedenen Vermögen aus, dann müssen wir annehmen, dass es mit der 'idealen' Wendung zur Reflexion durchaus nicht er-schöpft ist, weil es qua Einbildungskraft unbeschränkt sein sollte. Wenn also ein Teil - ein Quantum, sagt Fichte - der Einbildungskraft durch Reflexion an ein eo ipso Bestimmtes gebunden wird, bleibt doch ein unbeschränkter 'Rest' zurück, der weiterhin ursprünglich frei ist und verwendet werden kann, sie immer das Wollen setzt.

Anschaulich gesprochen: Durch den Widerstand der Gegenstände ist die reale Tätigkeit weitgehend gebunden. Was aber nicht gegenständlich gebunden ist, bleibt frei und kann sich Gegenstände wählen, wie sie will - auch solche, die sich ihr nicht als phänomenal ge-geben aufdrängen und sie sich einbilden musste. 

Und an dieser Zweiteilung hebt das wirkliche Bewusstsein - dem von mir in der Welt überhaupt erst an. 

Notabene. Es handelt sich hier wie überall nicht um Definitionen schlechthin gültiger Begriffe, sondern um Wortzeichen, die den Leser/Hörer auffordern, Vorstellungen aus dem gegebenen Zusammenhang hervorzu-bringen. Andere Wörter mögen in diesem Zusammenhang denselben Dienst leisten - es geht immer nur um die Verständlichkeit. Die Aufgabe ist jeweils, Wortzeichen zu finden, die in anderen Zusammenhängen dieselben Vorstellungen hervorrufen. Man kann es immer nur versuchen.
JE  

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