aus Marxiana
Gleichzeitig mit dem
Fall der Profitrate wächst die Masse des Kapitals und geht Hand in Hand
mit mit ihr eine Entwertung des vorhandnen Kapitals, welche diesen Fall
aufhält und der Akkumulation von Kapitalwert einen beschleunigenden
Antrieb gibt.
Gleichzeitig mit der
Entwicklung der Produktivkraft entwickelt sich die höhere
Zusammen-setzung des Kapitals, die relative Abnahme des variablen Teils
gegen den konstanten.
Diese verschiednen
Einflüsse machen sich bad nebeneinander im Raum, bald mehr nach-einander
in der Zeit geltend; periodisch macht sich der Konflikt der
widerstreitenden Agen-tien in Krisen Luft. Die Krisen sind immer nur
gewaltsame Lösungen der vorhandnen Wi-dersprüche, gewaltsame Eruptionen,
die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.
Der Widerspruch, ganz
allgemein ausgedrückt, besteht darin, dass die kapitalistische
Pro-duktionsweise die Tendenz einschließt nach absoluter Entwicklung der
Produktivkräfte, abgesehn vom Wert und dem in ihm eingeschlossenen
Mehrwert, auch abgesehn von den gesellschaftlichen Verhältnissen,
innerhalb deren die kapitalistische Produktion stattfindet; während sie
andererseits die Erhaltung des existierenden Kapitalwerts und sein
Verwertung im höchsten Maß (d. h. beschleunigten Anwachs dieses Werts)
zum Ziel hat. Ihr spezifi-scher Charakter ist auf den vorhandnen
Kapitalwert als Mittel zur größtmöglichen Verwer-tung dieses Werts
gerichtet. Die Methoden, wodurch sie dies erreicht, schließen ein:
Abnah-me der Profitrate, Entwertung des vorhandnen Kapitals und
Entwicklung der Produktiv-kräfte der Arbeit auf Kosten der schon
produzierte Produktivkräfte.
Die periodische
Entwertung des vorhandnen Kapitals, die ein der kapitalistischen
Produk-tionsweise immanentes Mittel ist, den Fall der Profitrate /
aufzuhalten und die Akkumu-lation von Kapitalwert durch Bildung von
Neuwert zu beschleunigen, stört die gegebnen Verhältnisse, worin sich
der Zirkulationsprozess des Kapitals vollzieht, und ist daher be-gleitet
von plötzlichen Stockungen und Krisen des Produktionsprozesses.
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K. Marx, Das Kapital III, MEW 25, S. 259f. [ MEGA II.15, S. 245f.]
Nota. – Die theoretische Bedeutung obiger Passage für die elementare Stellung des Falls der Profitrate in der Theorie des Kapitals ist offenkundig.–
Aber sie hat eine meta-theoretische Seite: Der buchstäblich Grund-legende Denkfehler der rationalistischen metaphysischen Systeme war die Identifizierung von logischem Grund mit realer Ursache (von Sein und Geltung).
Die Vermengung von (logischem) Widerspruch und (realem) Gegensatz ist
nur ihre Umkehrung. Und in dieser Gestalt taucht sie unverhofft bei Marx
wieder auf: Es ist ein Überrest seines 'Kokettierens mit der Hegelschen Ausdrucks-weise', in dem sich allerdings eine andauernde Unsicherheit über die sog. dialektischen Me-thode verbirgt, die Marx immer wieder dazu verleitet, die logische Darstellung mit der reel-len Beschreibung zu vermengen.
Dass
der Produktionsprozess und der Zirkulationsprozess nicht in derselben
Geschwindig-keit und auch nicht am selben 'Platz' geschehen und ihre
Synchronisierung periodisch durch Selbstvernichtung eines Teils des
Kapitals wiederhergestellt werden muss, ist ein Realvor-gang. Dass das
unbegrenzte Wachstum der Produktion und ihre gleichzeitige Begrenzung
durch die Verwertungsmöglichkeit im Begriff des Kapitals beieinander
liegen, ist dagegen ein logischer Widerspruch. Es ist aber nicht die
Logik, die den Prozesse antreibt – sie be-schreibt ihn lediglich. Und
dass etwas im Begriff widersprüchlich ist, bedeutet noch nicht, dass es
in der Realität auf seine Auflösung hindrängt.
Das hat
Marx auch nicht sagen wollen? Nein, sicher nicht. Aber er hat sich so
ausgedrückt, dass epigonale Buchstabengelehrte es (in behördlichem
Auftrag) so darstellen konnten.
JE, 10. 12. 15
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