Samstag, 23. August 2025

Realer Gegensatz und logischer Widerspruch.

                                                                                  aus Marxiana

Gleichzeitig mit dem Fall der Profitrate wächst die Masse des Kapitals und geht Hand in Hand mit mit ihr eine Entwertung des vorhandnen Kapitals, welche diesen Fall aufhält und der Akkumulation von Kapitalwert einen beschleunigenden Antrieb gibt.

Gleichzeitig mit der Entwicklung der Produktivkraft entwickelt sich die höhere Zusammen-setzung des Kapitals, die relative Abnahme des variablen Teils gegen den konstanten.

Diese verschiednen Einflüsse machen sich bad nebeneinander im Raum, bald mehr nach-einander in der Zeit geltend; periodisch macht sich der Konflikt der widerstreitenden Agen-tien in Krisen Luft. Die Krisen sind immer nur gewaltsame Lösungen der vorhandnen Wi-dersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.

Der Widerspruch, ganz allgemein ausgedrückt, besteht darin, dass die kapitalistische Pro-duktionsweise die Tendenz einschließt nach absoluter Entwicklung der Produktivkräfte, abgesehn vom Wert und dem in ihm eingeschlossenen Mehrwert, auch abgesehn von den gesellschaftlichen Verhältnissen, innerhalb deren die kapitalistische Produktion stattfindet; während sie andererseits die Erhaltung des existierenden Kapitalwerts und sein Verwertung im höchsten Maß (d. h. beschleunigten Anwachs dieses Werts) zum Ziel hat. Ihr spezifi-scher Charakter ist auf den vorhandnen Kapitalwert als Mittel zur größtmöglichen Verwer-tung dieses Werts gerichtet. Die Methoden, wodurch sie dies erreicht, schließen ein: Abnah-me der Profitrate, Entwertung des vorhandnen Kapitals und Entwicklung der Produktiv-kräfte der Arbeit auf Kosten der schon produzierte Produktivkräfte.

Die periodische Entwertung des vorhandnen Kapitals, die ein der kapitalistischen Produk-tionsweise immanentes Mittel ist, den Fall der Profitrate / aufzuhalten und die Akkumu-lation von Kapitalwert durch Bildung von Neuwert zu beschleunigen, stört die gegebnen Verhältnisse, worin sich der Zirkulationsprozess des Kapitals vollzieht, und ist daher be-gleitet von plötzlichen Stockungen und Krisen des Produktionsprozesses.
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K. Marx, Das Kapital III, MEW 25, S. 259f. [ MEGA II.15, S. 245f.]


Nota. – Die theoretische Bedeutung obiger Passage für die elementare Stellung des Falls der Profitrate in der Theorie des Kapitals ist offenkundig.

Aber sie hat eine meta-theoretische Seite: Der buchstäblich Grund-legende Denkfehler der rationalistischen metaphysischen Systeme war die Identifizierung von logischem Grund mit realer Ursache (von Sein und Geltung). Die Vermengung von (logischem) Widerspruch und (realem) Gegensatz ist nur ihre Umkehrung. Und in dieser Gestalt taucht sie unverhofft bei Marx wieder auf: Es ist ein Überrest seines 'Kokettierens mit der Hegelschen Ausdrucks-weise', in dem sich allerdings eine andauernde Unsicherheit über die sog. dialektischen Me-thode verbirgt, die Marx immer wieder dazu verleitet, die logische Darstellung mit der reel-len Beschreibung zu vermengen.

Dass der Produktionsprozess und der Zirkulationsprozess nicht in derselben Geschwindig-keit und auch nicht am selben 'Platz' geschehen und ihre Synchronisierung periodisch durch Selbstvernichtung eines Teils des Kapitals wiederhergestellt werden muss, ist ein Realvor-gang. Dass das unbegrenzte Wachstum der Produktion und ihre gleichzeitige Begrenzung durch die Verwertungsmöglichkeit im Begriff des Kapitals beieinander liegen, ist dagegen ein logischer Widerspruch. Es ist aber nicht die Logik, die den Prozesse antreibt – sie be-schreibt ihn lediglich. Und dass etwas im Begriff widersprüchlich ist, bedeutet noch nicht, dass es in der Realität auf seine Auflösung hindrängt. 

Das hat Marx auch nicht sagen wollen? Nein, sicher nicht. Aber er hat sich so ausgedrückt, dass epigonale Buchstabengelehrte es (in behördlichem Auftrag) so darstellen konnten.
JE,
10. 12. 15



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