
Der wirkliche Reichthum
manifestirt sich vielmehr – und dieß enthüllt die grosse Industrie – im
ungeheuren Mißverhältniß zwischen der angewandten Arbeitszeit und ihrem
Product, wie ebenso im qualitativen Mißverhältniß zwischen der auf eine
reine Abstraction reducir-ten Arbeit und der Gewalt des Productionsprocesses den sie bewacht.
Die Arbeit erscheint nicht mehr so sehr in den
Productionsprocess eingeschlossen, als sich der Mensch vielmehr als
Wächter und Regulator zum Productionsprocess selbst verhält. (Was von der
Maschinerie gilt, ebenso von der Combination der menschlichen Thätigkeit
und der Entwicklung des menschlichen Verkehrs.) Es ist nicht mehr der
Arbeiter, der mo-dificirten Naturgegenstand als Mittelglied zwischen das
Objekt und sich einschiebt; sondern den Naturprocess, den er in einen
industriellen umwandelt, schiebt er als Mittel zwischen sich und die unorganische Natur, deren er sich bemeistert. Er tritt neben den Productions-process, statt sein Hauptagent zu sein.
In dieser Umwandlung
ist es weder
die unmittelbare Arbeit, die der Mensch selbst verrich-tet, noch die
Zeit, die
er arbeitet, sondern die Aneignung seiner eignen allgemeinen
Produc-tivkraft,
sein Verständniß der Natur, und die Beherrschung derselben durch sein
Dasein als Gesellschaftskörper – in einem Wort die Entwicklung des
gesellschaftlichen Individuums, die als der grosse Grundpfeiler der
Production
und des Reichthums erscheint. Der Dieb-stahl an fremder Arbeitszeit,
worauf
der jetzige Reichthum beruht, erscheint miserable Grundlage gegen diese
neuentwickelte, durch die grosse Industrie selbst geschaffne.
Sobald die
Arbeit in unmittelbarer Form aufgehört hat, die grosse Quelle des
Reichthums zu sein, hört und muß aufhören die Arbeitszeit sein Maaß zu
sein und
daher der Tausch-werth [das Maaß] des Gebrauchswerths. Die Surplusarbeit
der Masse hat aufgehört Bedingung für die Entwicklung des allgemeinen /
Reichthums zu sein, ebenso wie die Nichtarbeit der Wenigen für die
Entwicklung der allgemeinen Mächte des menschlichen Kopfes. Damit bricht
die auf dem Tauschwerth ruhnde Production zusammen, und der unmittelbare
ma-terielle Productionsprocess erhält selbst die Form der
Nothdürftigkeit und Gegensätz-ichkeit abgestreift.
Die freie Entwicklung der Individualitäten, und daher nicht das Reduciren der nothwendi-gen Arbeitszeit um
Surplusarbeit zu setzen, sondern überhaupt die Reduction der noth-wendigen
Arbeit der Gesellschaft zu einem Minimum, der dann die künstlerische,
wissen-schaftliche etc Ausbildung der Individuen durch die für sie alle freigewordne Zeit und ge-schaffnen Mittel entspricht.
Das Capital ist selbst der
processirende Widerspruch [dadurch],
daß es die Arbeitszeit auf ein Minimum zu reduciren strebt, während
es andrerseits die Arbeitszeit als einziges
Maaß und Quelle des Reichthums sezt. Es vermindert die Arbeitszeit daher
in der Form der nothwen-digen, um sie zu vermehren in der Form der überflüssigen; sezt daher die überflüssige in wachsendem Maaß als Bedingung
– question de vie et de mort – für die nothwendige.
Nach der einen Seite
hin ruft es also alle Mächte der Wissenschaft und der Natur, wie der
gesellschaftlichen Combination und des gesellschaftlichen Verkehrs ins
Leben,
um die Schöpfung des Reichthums unabhängig (relativ) zu machen von der
auf sie angewandten Arbeitszeit. Nach der andren Seite will es diese so
geschaffnen riesigen Gesellschaftskräfte messen an der Arbeitszeit, und
sie
einbannen in die Grenzen, die erheischt sind, um den schon geschaffnen
Werth als Werth zu erhalten.
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K. Marx, Grundrisse, MEGA II/1.2 S. 581f. [MEW 42, S. 600f.]
Nota. - Das ist radikaler, als was er später in Kapital III schreiben wird. Dort meint er, ein Rudiment von notwendiger Arbeit und also ein
Reich von Notwendigkeiten werde als Be-dingung des Reichs der Freiheit
stets erhalten bleiben. Hier aber tritt der Mensch neben den Prokuktionsprozess, zu dem er sich nur noch als
Wächter und Regulator verhält. Und natür-lich muss dann die Arbeitszeit aufhören, als einziges
Maß und Quelle des Reichtums zu gel-ten.
24. 12. 16
Nota II. - Inzwischen hat eine digitalisierte Technik tatsächlich die Voraussetzung geschaf-fen, rein ausführende Arbeit überflüssig zu machen, so dass an menschlicher Arbeit nur Ingenieurskunst notwendig bleibt. Der Tauschwert hätte seine bestimmende Macht verlo-ren. Die Frage ist weniger, ob es ökonomisch möglich, sondern ob es politisch gewollt ist.
JE, 12. 6. 20
Nota - Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE
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