Wir müssen aller Untersuchung
voraus im Ich anknüpfen eine unbeschränkbare und eine beschränkbare
Tätigkeit (ideale und reale Tätigkeit.) Die letzte werde auf eine
bestimmte Weise beschränkt. Die Bestimmtheit besteht durch die
Veränderung des Zustandes; durch die Veränderung wird der Zustand von
allen Seiten geschlossen.
Aber sie ist nicht beschränkt, wenn die absolut freie Tätigkeit darauf nicht reflektiert und die Beschränktheit nicht begreift. Aber die ideale Tätigkeit kann diese Beschränktheit nur an sich [selbst] begreifen,
das heißt, sie muss auch selbst beschränkt sein. Da sie aber frei ist,
so kann sie nicht durch das Beschränkende aufgesucht werden, sondern sie
gibt sich de[m]-sel-ben mit Freiheit hin.
Sie kann aber das Ich nicht begreifen, ohne es [als]
beschränkt zu begreifen, dies gibt den Begriff des Ich, aber sie kann
dies nicht, ohne ein Beschränkendes zu setzen, dies gibt der Begriff des
NichtIch.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 100
Nota I. - Das
ist im Ton eines Lehrsatzes vorgetragen, nämlich als Resümee in der
letzten Lesung vor den Weihnachtsferien. Umso wichtiger, daran zu
erinnern: Dies ist kein Be-richt davon, was einem menschlichen Individuum
wirklich widerfährt in der Welt, bevor es zur Person wird; es ist eine
Rekonstruktion davon, was in seiner Vorstellung geschehen sein muss, damit es zu einem bewussten Subjekt werden konnte.
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Nota II. - Hier steckt wieder Fichtes Vorstellung vom Quantum, nämlich von der Quan-tifizierbarkeit drin. 'Tätigkeit' ist an sich ein und dieselbe. Aber sie 'teilt sich auf' je nach dem Nichtich, auf das sie stößt; so als reale Tätigkeit; oder nach dem Nichtich, das sie wählt: so als ideale Tätigkeit.
Ist das reale Tätigkeits'quantum' beschränkt? Dann liegt die Beschränktheit der Tätigkeit dem Widerstand des Nichtich voraus und liegt in ihr selbst; und dann war nicht eine Tä-tigkeit, sondern waren von Anbeginn zwei. Woher aber dies?
Die Auflösung ist: Die Beschränkung durch das Nichtich war vorab im Ich selber angelegt als seine grundsätzliche Bereitschaft zur Selbstbeschränkung. Wenn Freiheit absolut ge-dacht wird (hier ist die Rede vom Vorstellen), kann nur sie selber sich begrenzen. Wenn das reine Wollen real werden soll, muss es etwas wollen. Durch Realisierung des Gewoll-ten wird die Grenze überwunden; und so weiter fort ins Unendliche.
Nota III. - Die Wissenschaftslehre sucht nicht nach metaphysischen Gründen, aus denen die Vernunft mit kausaler oder teleologischer Notwendigkeit hervorgehen musste; son-dern sie sucht das Faktum der Vernunft aus aufgefundenen Bedingungen ihrer Möglich-keit zu rekonstruieren und im Rekonstruieren anzuschauen, wie Vernunft verfährt.
Nota - Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog. JE
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