zu Wissenschaftslehre...Wie
wird durch dieses Auffassen der Einbildungskraft Bewegung möglich? Der
Akt der Einbildungskraft ist Zusammenfassen des Mannigfaltigen, hier:
ein sukzessives Anreihen unendlicher Punkte, die erst hinterher durch
Analyse unterschieden werden. Damit wird ein Einfaches, eine Kraft
vereinigt, die eben deswegen bloß gedacht wird, bloßes νοουμενον ist, diese Kraft wird durch die ganze Reihe hindurchgeschoben als Bewegung, und diese Bewe-gung ist stetig.
Bewegung ist Tat,
Lebendigkeit; um diese ist uns hier zu tun. Bewegung in diesem Sinne
entstand dadurch, dass das Einfache durch ein Forstschreitendes
hindurchgeschoben wur-de. Wie bemerke ich mich denn als das im Bestimmen
Tätige? Keine Bestimmtheit ohne Bestimmbarkeit. Was ist denn nun das
bloß Bestimmbare, das erste Bestimmbare, von wel-chem erst das
Bewusstsein meines Bestimmens ausgeht? Es ist ein unendlich Teilbares
der Handlungsmöglichkeit, so gewiss es die Handlungsweise eines freien
Wesens enthaltens soll; dieses wird aufgefasst durch die soeben
beschriebene Einbildungskraft, durch das Vermö-gen, nur Entgegengesetztes
aufzufasssen.
Hier ist nicht die Rede
von einem Entgegengesetzten im Raume und der Zeitmomente, sondern dem
Entgegengesetzten des reinen Denkens, der reinen Handlungsweisen; die
Synthesis im Raume ist bloß versinnlichtes reines Denken. Hier vereinigt
die Einbildungs-kraft absolut das ins Unendliche Teilbare der
Handlungsmöglichkeiten. Sie ist das Vermö-gen, das Bestimmbare zu
fassen, welches das Denken nicht kann, weil es diskursiv ist; aber es
gibt ein besonderes Vermögen, das Entgegengesetzte zu fassen, die
Einbildungkraft.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, S. 202
Nota. Die obige Bildreihe wurde von E. Muybridge photographiert.
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