Montag, 3. Juni 2024

Gibt es Wissenschaft oder gibt es nur Fächer?

stock                                                                          aus Philosophierungen

Gibt es Wissenschaft, oder gibt es nur Wissenschaften? Gibt es Wahrheit oder nur Wahrheiten? Ist Wissenschaft nicht das geregelte und systematischen Suchen nach Wahrheit? 

Oder Warheiten? 

Jedenfalls gibt es mehr oder weniger genau umgrenzte Bereiche des Wissens, 'innerhalb derer wissenschaftliche Standards gelten'. Wenn also nicht Wissenschaft höchstselbst, so immerhin Wissenschaftlichkeit - das ist ja auch schon was. 

Was ist Wissenschaftlichkeit? Ein Verfahren, das nichts anderes gelten lässt, als was auf überprüften Gründen beruht

Wenn in jedem Einzelfall alle Gründe geprüft werden müssten, gäbe es... so viele  Gewiss-heiten, wie Begründungsketten geflochten wären; aber Wissenschaft gäbe es keine, man müsste in jedem Einzelfall wieder ganz neu anfangen.

Aus historisch-faktischen Gründen 'gibt es' indessen Beringe von als verwandt aufgefassten Gegenständen, deren Begründungsketten wie Bündel zusammengefasst erscheinen und ihren Geltungsbereich wie eine Plattform tragen. Die Praxis dieser jeweiligen Wissenschaf-ten bestünde in einer ununterbrochenen Vermittlungsbewegung zwischen dem Geltungs-rahmen der Begründungsreihen und dem Umfang der als begründet anzuerkennenden Gegenstände. Es wird nach beiden Seiten immer wieder zu Ausscheidungen kommen müssen, denn der Maßstab der je einzelnen Prüfung kann immer wieder nur Erfahrung sein.

Das ist, da sie keine Unterbrechung duldet, eine Fleißarbeit. Wissenslogisch problematisch ist sie aber unahängig von solcher Mühsal. Denn eine Begründungsreihe muss ja doch ir-gendwo auf ihren Grund stoßen, wo sie Halt findet. Dieser rückwärts allerletzte wäre zu-gleich, vorwärts betrachtet, der allererste Grund, und so betrachtet müssten sich die jewei-ligen Begründungsstränge aller einzelnen Wissenschaftsplattformen zu einem einzigen ver-wirken und vereinigen: so dass es vorwärts betrachtet so aussehen müsste, als hätten sie sich aus einem gemeinsamen Ursprung spezifiziert. 

 

 

Der wäre der gemeinsame Grund nicht nur aller Wissenschaft en, sondern des Wissens selbst. Gibt es einen solchen, so gibt es Wissen, und nur so auch Wissenschaft.

Und da muss man suchen. Die Suche nach dem Grund unseres Wissens ist historisch be-kannt unter der Rubrum Vernunftkritik. Kant hat sie begründet, ist aber auf halbem Weg stehengeblieben. Wirkliches Wissen käme zustande nur durch Erfahrung. Die wiederum wäre aber nur möglich durch ein, wie er es nennt, apriorisches Wissen - ein kategorisches Vermögen, die Daten, die uns unsere Sinnesorgane liefern, zusammenzuschauen und zu ordnen nach unseren Zwecksetzungen. Es könne selber nicht aus der Erfahrung stammen, weil es ihr vorausgesetzt ist.  

An der Stelle hat er Halt gemacht. Danach käme nur Glaube.

Oder rationelle Spekulation! Kants Halbheit auf ihren Grund zurückzuführen, hat sich Fichte vorgenommen, der seine Lösung des Problems darum Wissenschafts-Lehre genannt hat. Seine Ausführung mag im Einzelnen mangelhaft sein, und vor allem ist er kurz vor Ende der Lösung sich selber von der Fahne gegangen. 

Die ausstehenden Mängel sind nicht unüberwindlich, und wer ernstlich Wissenschaft von Spökenkiekerei unterscheiden will, muss wohl doch bis an die Stelle vorrücken, die vor ihm schon erreicht war. 

Kommentar zu Woran erkennt man Pseudowissenschaft? JE, 29. November 2023

 

 

 

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