Mittwoch, 13. Juli 2022

Die Welt ist der Raum seiner Freiheit.

Millet, 1865                             zuJochen Ebmeiers Realien; zu Philosophierungen

Der Organismus ist als Ganzer in der Welt: Indem er darinnen ist, ist er das Andere des-sen, worin er ist; ist sein Gegensatz.

Die Maschine ist nicht ein solcher Organismus: Weder ist sie in der Welt noch steht sie in einem Gegensatz zu ihr. Den Unterschied macht die Dualität von Leib und Geist; und Körper und Intelligenz oder wie man sonst sagen will. Denn der Leib hat etwas zu ver-mitteln: den Geist, der in ihm steckt, und die Welt, in der er selber steckt. Die Maschine hat keinen Geist, den sie mit ihr zu vermitteln hätte, und keine Welt, die er mit ihm zu vermitteln hätte.

Aber hat sie nicht Intelligenz? 

Nennen wir es die Fähigkeit, ein Besonderes einem Allgemeinen und das Allgemeine seinen Besonderungen zuzuweisen: das, was Kant Urteilskraft nennt - das Vermögen, Mannigfaltige unter einem Gesichtspunkt zusammenzufassen und unter anderen Ge-sichtpunkten neu zu unterscheiden.ine schöpferische Leistung, die nicht durch bloße Reizverarbeitung zu erbringen ist, sondern Einbildung verlangt.

Das ist offenbar eine schöpferische Leistung, die nicht durch Reizverarbeitung allein zu erbringen ist, sondern Einbildungskraft verlangt.

 

 

Ein weiteres Mal kommt dieser Tage die Meldung, Programmierer hätten einer Maschine Bewusstsein eingepflanzt. Doch sogleich wird es auch wieder bestritten.

Nochmal von vorn: Als Leib mit Blut, Fleisch und Nerven steht ein menschlicher Orga-nismus prinzipiell mit allem in Wechselwirkung, was in Raum und Zeit vorkommt, näm-lich sinnlich erfahrbar ist. Alle Erfahrung kann er speichern und an kommende Genera-tionen weitergeben. Daraus hat die Menscheit in einer langen Zeitreihe ein mehr oder minder gemeinsames, mehr oder weniger verbindliches Weltbild geschaffen, das erfah-rungsgemäß täglich stringenter wird. Was davon fehlt dem Computer? Er selber verwan-delt keine sinnlichen Erlebnisse in sinnhafte Informationen, das ist wohl wahr. Doch entworfen und eingerichtet wurde er seinerseits von lebendigen Menschen aus Fleisch und Blut, die ihn inzwischen an das Tag und Nacht akutalisierte WordWideWeb des ge-sammelten Menschheitwissens angeschlossen haben. 

„Die sind nicht empfindsam“, bereichtet die Quelle.  Sie würden menschliche Konver-sationen imitieren und über so viele Daten verfügen, dass sie kein Bewusstsein bräuchten, um real zu wirken. Wenn sie real wirken, wo wäre aber der Unterschied? Da: dass 'wirken' auf einen interessierten Gesprächspartner nicht dasselbe ist wie wirken unter Dingen und den Menschen, denen sie gehören. Das ist der Unterschied: dass dem Menschen die Welt der Raum ist, in dem er sein Leben führen muss; und dies, da er einmal die ihm ange-stammte Umweltnische im ostafrikanischen Urwald verlassen hat, in einer prinzipiell un-sicheren Welt. Wo entlang er sein Leben führen will, das kann unter wie immer gegebenen Bedingungen nur er selber entscheiden, sei es tastend Schritt für Schritt oder sei es im großen Wurf. Er muss es sich ein bilden.

Und das ist ihm nicht über Nacht zugefallen. Er hat es in einer Jahrmillionen währenden Gattungsgeschichte von Trial And Error sich einbilden müssen. Wir nennen es Freiheit, wovon Vernunft nur die andere Seite ist.

 

 

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Noumena.*

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