Die Profitrate, d. h.
der verhältnißmäßige Kapitalzuwachs ist vor allem
wichtig für alle neu-en, sich selbständig gruppirenden Kapitalableger.
Und sobald die Kapitalbildung ausschließ-lich in die Hände einiger
wenigen, fertigen Großkapitale fiele, für die die Masse des Profits
die Rate
aufwiegt, wäre überhaupt das belebende Feuer der Produktion erloschen.
Sie würde einschlummern.
Die Entwicklung der Produk/tivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit ist die historische Auf-gabe und Berechtigung des Kapitals. Eben damit schafft es unbewußt die materiellen Be-dingungen einer höhern Produktionsform. Was Ricardo beunruhigt, ist daß die Profitrate, der Stachel der kapitalistischen Produktion, und Bedingung wie Treiber der Akkumulation, durch die Entwicklung der Produktion selbst gefährdet wird.
Und das quantitative Verhältniß ist hier alles. Es liegt in der That etwas Tieferes zu Grunde, das er nur ahnt. Es zeigt sich hier in rein ökonomischer Weise, d. h. vom Bourgeoisstand-punkt, innerhalb der Grenzen des kapitalistischen Verstandes, vom Standpunkt der kapita-listischen Produktion selbst, ihre Schranke, ihre Relativität, daß sie keine absolute, sondern nur eine historische, einer gewissen beschränkten Entwicklungsepoche der materiellen Pro-duktionsbedingungen entsprechende Produktionsweise ist.
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K. Marx, Das Kapital III, MEGA II/15, S. 255f. [MEW 25, S. 269f.]
Soviel für den einzelnen Kapitalisten. Für das Kapital insgesamt gilt, dass sich neues Kapital nur ab einem bestimmten Quantum bilden kann: Je höher die "organische Zusammenset-zung", d. h. der konstante, hier vor allem: der fixe Anteil in einem Industriezweig oder der ganzen Industrie ist, umso mehr Geld ist auszulegen, um einen neuen Betrieb überhaupt eröffnen zu können. Schließlich können überhaupt nur noch Industrieriesen, die so große Geschäft machen, dass sie auch bei niedriger Rate noch eine zureichende Masse an Profit erzielen, ihre Produktion ausweiten. Sobald sie unter sich wären, spielte die Rate keine Rolle mehr und könnte gegen 0 sinken. "Sie würde einschlummern."
17. 1. 17
Nota II. - Wird der Moment, in dem die Profitrate tatsächlich sinkt, jemals eintreten? Das ist keine Frage des Begriffs, wie er zu betonen nicht vergisst, sondern 'das quantitative Ver-hältniß ist hier alles'. Theoretisch ist es nicht zu klären. Für das Kapital gibt es keine aus-weglose Situation. Es geht um eine Relation: das Verhältnis des durchnittlichen Mehrwerts - und folglich des durchnittlichen Profits - zur Masse des gesamten eingesetzten konstanten Kapitals. Wächst der Anteil des konstanten, namentlich des fixen Kapitals, fällt der Profit. Wenn er aber sinkt, steigt die Profitrate.
Wie kann denn bei ständigem Wachstum der Produktivkräfte der Anteil des fixen Kapitals sinken?!
Er kann es und tut es tagtäglich durch die Entwertung des Kapitals. Es findet ein ständiger Verschleiß von Maschinen statt, die ausgemustert werden und aus dem Gesamtkapital aus-scheiden. Das war nun in der kapitalistischen Produktionsweise schon immer so. Es müsste ein großer Zufall sein, wenn er genau in dem Moment außergewöhnlich anstiege, in dem die Profitrate eigentlich sinken müsste. Auf den regulären Verschleiß kann man nicht rech-nen, auf den irregulären auch nicht, dann wäre er ja nicht irregulär. Aber er kommt - leider, sagen nicht die Kapitaleigner, aber der Rest der Menschheit - immer wieder vor: durch Krieg.
Das ist nun dieser Tage keine Abstraktion, sondern historisches Geschehen. Was zerstört wurde, muss wieder ersetzt werden. Kriege sind die gewaltigsten Investitionsprogramme, die Regierungen auflegen können. Dass F. D. Roosevelts New Deal seinerzeit wirken konn-te, liegt am Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg. Der Marshallplan war sein Wunder-kind, ein Riesenbaby wie Gargantua.
Das Geheimnis der langen Prosperitätsperiode in Europa seit den fünfziger Jahren ist aber, dass ein Krieg gar nicht erst stattfinden muss, um die Profitrate aufrecht zu halten: Es reicht schon die Vorbereitung darauf.
Das Wettrüsten hat eine astronomische Profitmasse hervorgebracht. Seine Produkte kamen aber nicht auf den Markt (höchstens auf kriminellen Wegen), sondern wurden von den steu-erpflichtigen Bürgern selbstlos bezahlt, und die sind glücklich, wenn sie keinen Gebrauchs-wert realisieren. Wenn aber diese Maschinenmasse nicht auf den Weltmarkt kommt, erhöht sie nicht die organische Zusammensetzung des Kapitals und drückt nicht auf die Profitrate.
Gibt es auf dem Planeten einen Ökonomen, der meint, das sei ein Randphänomen und könne bei der theoretische Betrachtung vernachlässigt werden?
Das schon deswegen nicht, weil ein Wettrüsten in repräsentativ verfassten Staaten auf die Dauer nur möglich bleibt, solange Kriegsgefahr besteht.
Wladimir Putin könnte in die Geschichtsbücher eingehen als Retter der Profirate.
Kenner werden wissen, dass ich diese Argumentation Paul Mattick verdanke. Allen andern sei's zur Kenntnis gebracht.
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