Was ist dieses Bestimmte* selbst? Willkürlich als bloßer Akt gesehen. Hier mangelt die Spra-che. Sagt man: Es ist ein Beschränken unserer selbst, i. e. unserer Reflexion von dem Man-nigfaltigen auf ein einzelnes Bestimmte[s], so habe ich ja das Produkt der Einbildungskraft mit in der Definition. Welches auch nicht wegzuschaffen ist.
Wir können unser Bestimmen nur denken als ein Übergehen
oder Schweben zwischen mehreren Entgegengesetzten. Nun sollen wir aber
diese Tätigkeit ohne Rücksicht auf das beide Entgegengesetzte [sic], zwischen dem sie schwebt, beschreiben. Um
dies zu tun, müss-ten wir ganz andere Denkgesetze haben, oder unser Satz müsste
falsch sein.
Es ist also dieses nicht zu leisten, und wir müssen verfahren, wie
wir mit jeder Idee verfah-ren, wir beschreiben nämlich nur das Gesetz, nach dem
dieser Begriff zustande kommen müsste. Wir sagen: Sollte
die bloße Bestimmung gedacht werden, so müsste das Bestimm-bare weggedacht
werden. Dies ist nicht möglich, denn dann müsste die bloße Ichheit oder das
sich selbst Fassen und Ergreifen gedacht werden, und schon in den
letzteren Ausdrük-ken ist schon [sic]
sinnliche Unterscheidung des Ergreifenden vom Ergriffenen. So spricht man z. B.
oft von einem unendlichen Raume, da dieser doch undenkbar ist und man sich bloß
die Regel denkt, nach der er beschreiben werden müsste, nämlich das beständig
wäh-rende Fortziehen.
Dieses sich Bestimmen ist der absolute Anfang alles Lebens und Bewusstseins, eben des-halb ists unbegreiflich, weil unser Bewusstsein immer etwas voraussetzt.
*) [= das durch Selbstbestimmung bestimmte]
Dieses sich Bestimmen ist der absolute Anfang alles Lebens und Bewusstseins, eben des-halb ists unbegreiflich, weil unser Bewusstsein immer etwas voraussetzt.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 208
J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 208
Nota. - "Begreifen heißt, ein Denken an ein anderes anknüpfen, das erstere vermittelst des letzteren denken." (Sittenlehre) "Hier gibt es keine Gründe; wir sind an der Grenze aller Gründe. Es ist ein Erschaffen aus nichts, ein Machen dessen, was nicht war, ein absolutes Anfangen." (Nova methodo)
Sich-selbst-bestimmen ist bloß eine Redensart - um anzudeuten, was gemeint ist, die aber gleich wieder beseite getan werden muss, denn nimmt man sie wörtlich, ergibt es Unfug. Das Es, das da bestimmen soll, müsste als schon da angesehen werden - und also in dieser Hinsicht immerhin schon bestimmt. Und das Es, welches bestimmt werden soll, desgleichen. Es bleibt ihm also nichts mehr zu tun, weder vorwärts noch rückwärts. Daher kann es sich nicht bestimmen - nicht bestimmen und schon gar nicht sich.
"Im Moment A war ich unbestimmt, mein ganzes Wesen wurde in dieser Unbestimmtheit aufgehoben. Im Moment B bin ich bestimmt, es ist etwas Neues da; dieses kommt aus mir selbst: Das Übergehen geht in einen in sich selbst begründeten Akt der Freiheit über." (ebd.) "Einen Akt der Freiheit begreifen wollen, ist absolut widersprechend. Eben wenn sie es be-greifen könnten, wäre es nicht Freiheit." (Sittenlehre)
JE, 17. 11. 19
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