Freitag, 27. Juni 2025

Sobald man sich verständigen muss, wird verstehen unerläßlich.

Süddeutsche                                                                                        zu

"Das grundlegende Interesse am Anderen ist etwas Menschentypisches" - da hat wohl ein Wissenschaftler seiner Sentimentalität den Vortritt gelassen. Das Interesse am Andern - wie geht es dir, was empfindest du im Hier und Jetzt? - hatten alle Tiere, bevor sie die ersten ge-stischen oder tonalen Symbole erfanden, längst in Mimik und Körpersprache gepackt, wo sie nicht nur ausreichen, sondern sogar deutlicher sind als Worte, die lügen können. 

Gleich fällt auch die Rolle der sozialen Kommunikation beim Nahrungserwerb ein, nament-lich der gemeinsamen Jagd. Doch so viele Tierarten jagen in Gruppen, ohne auf Worte an-gewiesen zu sein!

Wie geht das? 

In den Umwelten, in denen sie sich seit Jahrtausenden eingerichtet haben, hat alles, was be-gegnet, seine angestammte Bedeutung. Eigentlich verständigen muss man sich da nicht, sondern allenfalls auf das eine oder andere hinweisen. Die Kommunikation ist rein demon-strativ, zum Fragen, Erwägen und Verneinen gesteht kaum Anlass.

Ganz anders unsere Vorfahren, als sie sich auf die Hinterfüße stellten und ihre angestammte Urwaldnische im afrikanischen Graben verließen. Sie hatten nicht eine Nische gegen eine andere Nische getauscht, sondern hatten sich als Vaganten eine weite Welt eröffnet, in der nichts eine angestammte Bedeutung hatte, wo man für alles eine Bedeutung erst neu erfin-den musste - und sich mit andern darüber austauschen. Dafür ist die Entwicklung von kom-plexer artikulierter Sprache nötig. Es geht um die Verständigung über die Bedeutungen in der Welt. Und kein anderes Lebewesen braucht das; nur wir.
aus Reden könnten sie wohl; sie wissen nur nicht, worüberJE, 25. 9. 17

Nachsatz. - Verstehen ist die Bedingung der Symbolisierung; doch Symbolisierung ist sein Zweck: Anders gäbe es weder Verständigung noch Selbstverständigung.
JE, 21. 4. 22

 

 

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