
Anmerkung 2.
Kant sagt einmal, es würde sonderbar scheinen, dass ein Vernunftwesen
sich selbst affizieren solle; aber wenn man dasselbe genau kennt, so
fällt diese Sonderbarkeit weg, denn das Wesen der Vernunft besteht
darin, dass es auf sich selbst handle. Eher könnte man fragen, wie diese
Selbstaffektion im Bewusstsein vorkommen solle; gegen sie findet sich
ein Widerstand, der überwunden werden soll; diese Äußerung heißt Gefühl.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 127
Nota I. - Da sagt er ziemlich unverhohlen: Der Begründer der Vernunftkritik hat die Ver-nunft nicht genau gekannt. Er hat aber Recht. Ohne diese Fähigkeit der Selbstaffektion wäre die Vernunft ohnmächtig. Aber eine Vernunft ohne Macht ist keine. - Tatsächlich ist Kant über das Verhältnis des realen Selbst zum transzendentalen Ich mit sich nicht im Rei-nen; nämlich nicht über das Wollen als Bestimmungsgrund des letzteren.
29. 11. 16
Nota II. - Ist
es eine Volte am Rande der Rabulistik? Das Argument geht eigentlich ja
so: 'Zu Anfang' ist das Ich nicht anders bestimmt denn als Agilität
überhaupt. Solange es sich keinen Gegenstand entgegen gesetzt hat, geht seine Tätigkeit wenn anders sie denn real sein soll auf es selbst. Selbstaffektion wäre gewissermaßen der Defaultzustand des Ich.
Der kann fortfallen nur durch ein Gefühl, welches entsteht, indem das Ich auf ein NichtIch
stößt, welches ihm einen Widerstand entgegensetzt. Es müsste nämlich
weitergehen: Seiner eigenen Tätigkeit setzt das Ich ja keinen Widerstand
entgegen, ein Gefühl könnte erst ent-stehen, indem die Tätigkeit des
Ich 'durch das NichtIch hindurchgegangen' ist und als des-sen Widerstand reflektiert wird.
Vor Spitzfindigkeiten hat Fichte nicht haltgemacht. Vor Haarspaltereien wohl schon.
JE 22. 4. 22
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