obi.de zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
Nichts ist "überhaupt" oder an sich gesetzt. Es ist gesetzt von einem für einen an einer Stelle: anders ist gesetzt sein ohne
Bedeutung. Wenn also ich mich in mich hinein 'setze', kann ich in mich
nicht zugleich ein Nich-Ich setzen, weil es mein Ich aufhöbe. Doch so
soll - und muss, wenn ein Bewusstsein zustande kommen soll - es
geschehen. Dem setzenden Ich muss also das Vermögen zugeschrieben
werden, Entgegengesetzte in sich neben ein-ander zu setzen, ohne dass sie sich aufheben: 'synthetisch'.
Hier wird der
substanzielle Unterschied von Fichtes genetischem
analytisch-synthetischen Verfahren zur Dogmatik der Hegel'schen
Begriffslogik deutlich. Knüpfen wir die Begriffe mit logischer
Folgerichtigkeit aneinander, dann entsteht ein Widerspruch. Das
eine kann nicht bestehen, wenn das andere besteht. Logisch würden sie
einander aufheben und es bliebe... nichts übrig. So soll es bei Hegel
aber nicht sein. Sie heben einander 'auf' heißt: auf eine höhere Stufe.
Es wird etwas Neues daraus von einer Höheren Qualität. Verstehe, wer
kann, das ist mystisch, das ist Hokuspokus, das kann man allenfalls
glauben; muss man aber nicht.
Die genetische Methode bedient sich nicht vorgegebener Begriffe, sondern bringt tätig Vor-stellungen
aus einander hervor. Ich stelle mir zwei Entgegengetzte vor; ich soll
sie mir zu-gleich und an derselben Stelle vorstellen ('setzen'). Dann
muss ich sie mir als bestimmte Mengen vorstellen, die nebeneinander im
selben Raum Platz haben.
Das wäre eine triviale Lösung, blieben sie auf diese Weise in meiner Vorstellung nicht ein-ander immer noch auf engstem Raum entgegen gesetzt! Zur Ruhe können sie so nicht kom-men, da muss ich mir eine Energie vorstellen - und dass sie mich zu weiterem Vorstellen antreibt.
Der Unterschied ist:
Beim genetischen Verfahren Fichtes bleibt stets das vorstellende Ich
tätig; während in der dogmatischen Dialektik das tätige Subjekt in den
Begriffen begraben ist.
Kommentar zu Genetisches Verfahren und dogmatische Begriffsdialektik. JE, 6. Juni 2019
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