zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
Das Anschauen ist nach Fichte der Anfang der Reflexion. Zuerst hängt es als bloßes Fühlen - sehen, tasten, hören - noch am gegeben-Daseienden. Es spielt sich mehr in den rezeptiven Sinneszellen ab als in den deutenden Neuronen. Zunächst wird eine Ganze Gestalt 'wahr'-genommen, die aber bei aufmerksamer Betrachtung sogleich in besondere Elemente zerfällt. Man möchte meinen, eine analytische Etappe; was aber in die Irre führt, weil sie sogleich als Konstituenten der Gestalt wieder erkannt werden: Die ursprüngliche Synthesis ist nach dem empfangenden Anschauen ein schaffendes Vorstellen, das als Erkennen zum Begriff fort-schreitet.
Das wäre bloß Haarspalterei, wenn man es nicht umkehren könnte.
Wieso aber sollte man?
Weil sich die aus Begriffen konstruierten Gebäude als Blendwerk erweisen, sobald man aus ihnen praktische - 'durch Freiheit mögliche' - Schlüsse zieht. Die Begriffe eignen sich in er-ster Linie zum Zerlegen vorliegender Gestalten, nicht aber zum Aufbauen neuer Bilder.
Dafür muss man den vorherigen Schritt zurückgehen, reflektieren, um die Ganzen Gestal-ten wiederherzustellen: durch Vorstellen der Verhältnisse ihrer Elemente zu einander - zu allererst das Verhältnis von Figur und Grund. Es ist ein Nachbilden und kein Erkennen.
Eine Gestalt 'setzt sich zusammen', kann aufgefasst werden als Menge ihrer Teile, aber sie ist mehr als das. Sie ist keine Summe von einzelnen Mannigfaltigen, sondern das Verhältnis der Verhältnisse ihrer Elemente, qualitas qualitatium - Sinn oder Bedeutung von Einem.
In der Mitteilung in diskursiver Form erscheint sie allerdings als eine Kette von Einzelbe-stimmungen - sei es im Raum, sei es in der Zeit.
[PS. Bitte nicht als Psychologie missverstehen.]
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