Das Ich in C wurde gefunden als sich selbst setzend; wurde in C nicht in Tätigkeit, sondern in Ruhe gefunden, als ein sich selbst setzendes Gesetztes. Seine Tätigkeit als solche ist auf-gehoben, sie ist eine ruhende Tätigkeit, die aber doch eine Anschauung ist und bleibt. Wie nun allenthalben die Anschauung einem Begriffe entgegensteht und sie selbst nur durch diesen Begriff möglich ist, so ists auch hier. Dies [dem] C Entgegengesetzte ist nun das, was wir oben D nannten. Der Charakter des Begriffs überhaupt ist Ruhe, nun ist C als Anschau-ung betrachtet schon Ruhe, da nun D in Rücksicht auf C Ruhe ist, so ist es Ruhe der Ruhe; was ist nun D?
Indem C dem D
entgegengesetzt wird, ist es allerdings Tätigkeit, die durch freie
Selbstbe-stimmung zur wirklichen Tätigkeit hervorgerufen werden kann. Es
ist Tätigkeit dem Wesen nach (C ist Tätigkeit des Ich als Substanz
betrachtet, wovon weiter unten, denn hier bleibt es bloße Redensart.) Das Gegenteil dieser Tätigkeit - D - wäre nun eine reelle Negation von Tätigkeit, nicht bloß Privation, die Tätigkeit Aufhebendes, Vernichtendes, nicht Zero, son-dern negative Größe.
Dies ist der wahre Charakter des
eigentlichen Seins, dessen Begriff man mit Unrecht für einen ersten,
unmittelbaren gehalten hatte, - denn der einzige unmittelbare Begriff ist der der Tätigkeit. Sein negiert in
Beziehung auf ein außer dem Sein gesetztes Tätiges; durch Sein wird
Machen aufgehoben. Was ist, kann nicht gemacht werden. Sein negiert
Zweck in Beziehung auf das Setzende; was ich bin, kann ich nicht werden.
/
So hat der gemeine
Menschenverstand, ohne es zu wissen, die Sache immer genommen. Mit der
Existenz der Welt wollte er sich nicht begnügen, er stieg zu einem Schöpfer auf.
Sein ist Charakter des NichtIch,
der Charakter des Ich ist Tätigkeit; der Dogmatismus geht vom Sein aus
und erklärt dies fürs Erste, Unmittelbare.
_________________________________________________________
J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 41f.
Nota. - Die
Dialektik von A, B, C und D ist schwindelererregend. Ob das wirklich
nötig war? Aber ich denke, er wollte nunmal auf seine Schlussfolgerung
hinaus: Der 'erste, un-mittelbare' Begriff ist nicht Sein, sondern
Tätigkeit. Sein ist nicht nur ein Mangel an Tätig-keit, sondern
Anti-Tätigkeit, Wider (Gegen)stand der Tätigkeit.
So entpuppt sich die radikale Transzendentalphilosophie, "echter durchgeführter Kritizis-mus", nicht bloß als eine implizite Anthropologie, sondern als eine Metaphysik sui generis, im allerstärksten Sinn: eine aktualistische Fundamentalontologie; als solche aber keine theo-retische Voraussetzung, sondern praktisches Postulat.
JE 18. 7. 16
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen