Die Auflösung des Problems der Wahrheit ist ziemlich schlicht - aber leider auch wieder nur ein Problem.
Nämlich so: Wahrheit ist gar nichts, das ist, sondern das, was gelten soll. Sie liegt gar nicht in den Dingen selbst, sondern in unseren Urteilen. Nämlich so, dass ich gar nicht urteilen könnte, wenn ich nicht voraussetzte, dass "es" Wahrheit 'gibt' - wohl wissend, dass "es" ein solches Es gar nicht 'gibt'. Wahrheit ist eine Fiktion. Aber keine, auf die ich, wenn's beliebt, auch verzichten könnte. Der umgekehrte Satz 'Wahrheit gibt es nicht' ist nämlich sinnlos. Indem der Satz offenbar beansprucht, wahr zu sein, widerspricht seine Form dem Inhalt. (Kommunikationstheoretiker reden von der Meta-Ebene im Unterschied zu der Objekt-Ebene.)*
Der theoretische Widerspruch, dass "es" einerseits Wahrheit nicht 'gibt', und "es" ande-rerseits Wahrheit schlechterdings 'geben soll', lässt sich nur praktisch heben: Die Wirk-lichkeit der Wahrheit 'besteht' immer nur darin, dass ich nach ihr frage. Sie ist ein schöner Schein; aber ein unumgänglicher.
aus e. online-Forum, in 2007
*) ein 'performativer Widerspruch', sagen die Sprechakttheoretiker...
Nachtrag. - Wahr sind keine Sachverhalte, sondern Aussagen über Sachverhalte. Da ich nicht weiß, was oder wie ein Sachverhalt "wirklich ist", sondern lediglich, wie er in meiner Vorstellung vorkommt, bezieht sich die Wahrheit meiner Aussage nur auf deren Verhältnis zu jener: Wahrheit 'gibt es' nur als Wahrhaftigkeit. Doch als solche soll es sie geben: Das weiß ich, weil ich es selber postuliert habe. Der obbesagte schöne Schein besteht in meiner festen Überzeugung, dass meine Vorstellung den Sachverhalt 'wirklich wiedergibt'. Nach deren Berechtigung frage ich, solange ich in der Welt beschäftigt bin, besser nicht.
2. 4. 20
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