augmentedtrader; aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
a. Wirken ohne zu wirken
bedeutet ein bloßes Vermögen. Dieses bloße Vermögen ist nichts als ein
idealer Begriff: und es wäre ein leerer Gedanke, einem solchen das
ausschließende Prädikat der Realität, die Wirksamkeit, zuzu- schreiben,
ohne anzunehmen, dass es reali/siert sei. -
Nun ist das gesamte
Vermögen der Person in der Sinnenwelt allerdings realisiert in dem
Be-giff ihres Leibes, der da ist, so gewiss die Person ist, der da
fortdauert, so gewiss sie fortdau-ert, der ein vollendetes Ganzes
materieller Teile ist, und demnach eine bestimmte ursprüng-liche
Gestalt hat, nach dem obigen. Mein Leib müsste also wirken, tätig sein,
ohne dass ich durch ihn wirke.
b. Aber mein Leib ist mein
Leib lediglich, inwiefern er durch meinen Willen in Bewegung ge-setzt
ist, außerdem ist er nur Masse; er ist als mein Leib tätig lediglich,
inwiefern ich durch ihn tätig bin. Nun soll ich im gegenwär- tigen Falle noch gar nicht Ich, demnach
auch nicht tätig sein, demnach ist auch mein Leib nicht tätig. Er
müsste daher durch sein bloßes Dasein im Raume und durch seine Gestalt
wirken, und zwar so wirken, dass jedes vernünf-tige Wesen verbunden
wäre, mich für ein der Vernunft Fähiges anzuerkennen und nach dieser
Voraussetzung zu behandeln.
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J. G. Fichte, Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 74f.
Nota I. - Oha! Hier wird ein Bild - die Gestalt - selber zum Begriff, nämlich zum Begriff meines - all meines - Vermögens. Ein ganzer Zyklus des Bestimmens, in dem ein Anschau-ender ein Bild mit Qualitäten auszeichnet, wird übersprungen.
Im Prozess
verallgemeinerten Austauschs begegnet ein jeder Warenbesitzer einem
jeden andern Warenbesitzer als Marktsubjekt: Das ist die historische
Wirklichkeit des Vernunft-systems. Die bürgerliche Gesellschaft macht die Herrschaft von Vernunft und Recht wirk-lich, indem sie sie [?!] bedingt. So kann Fichte, wie gesagt, noch nicht argumentieren. Er muss die gegenseitige Anerkennung der Subjekte als freier ihrer äußeren physischen Be-schaffenheit anheften.
Das ist heikel. Gehört zur Gestalt des Vernunftwesens helle Haut und glattes Haar? Fichte selbst hätte gewiss nein nein! gerufen,
aber aus der Logik seiner Darstellung folgt das nicht. Große krumme
Nasen könnte einer willkürlich ausschließen wollen, F. würde ihn nicht
wi-derlegen können.
Da er die Gegebenheit
eines Vernunftzustandes nicht historisch erklären - und das hieße hier:
begründen - kann, muss er es überhistorisch, außerhistorisch,
unhistorisch versuchen; naturalistisch, physiologisch. Zwar ist es
logisch nicht notwendig, aber psychologisch liegt es nahe: Es macht ihn zusätzlich geneigt, die Vernunft für eine Gegebenheit vor der Zeit zu halten.
Das Überstrapazieren der transzendentalen Deduktion ist keine formale Unachtsamkeit; sie erweist sich als sachlicher Fehler.
28. 4. 19
Nota II. - Dies
musste zu obigem Zitat freilich gesagt werden, doch ist die Kritik
sekundär. Primär sei gesagt, dass Wirksamkeit die auszeichnende Merkmal
aller Tätigkeit und nur der Tätigkeit ist. Wenn es
heißt, nur Tätigkeit sei real, dann bezieht sich das nicht allein auf
die Realität des Tätigen, sondern ebenso auf die Realität dessen, woran er tätig ist. Wirksamkeit ist die Synthesis von Subjekt und Objekt. - So in der rekonstruierenden Reflexion. Unmit- telbar und in der Anschauung ist indes die Synthesis vor der Analyse da und ist das unmit-telbar Gegebene: das Reale; zu Deutsch: das Wirk liche. Es ist das Einzige, wovon und wo-durch ich Erfahrungen mache.
JE, 2. 4. 20
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