Samstag, 16. November 2024

Fichtes kategorischer Imperativ.

                                  zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Die Schwierigkeit war eigentlich, ein Wollen zu erklären ohne Erkenntnis des Objekts. Der Grund der Schwierigkeit lag darin, dass das Wollen nur betrachtet wurde als ein empiri-sches, als ein Übergehen vom Bestimmbaren zum Bestimmten. 

Diese Behauptung ist nun geleugnet worden; es ist ein Wollen postuliert worden, das die Erkenntnis des Objekts nicht voraussetzt, sondern schon bei sich führet, das sich nicht auf Beratschlagung gründet, und dadurch ist nun die Schwierigkeit völlig gehoben.

Das reine Wollen ist der kategorische Imperativ; es wird aber hier nicht so gebraucht, son-dern nur zur Erklärung des Bewusstseins überhaupt. Kant braucht den kategorischen Im-perativ nur zur Erklärung des Bewusstseins der Pflicht.
_______________________________________________________________________J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 143

 

Nota. - Wollen-überhaupt ist als kategorischer Imperativ das Postulat, das der Wissen-schaftslehre zu Grunde gelegt wird. Es führt, wie wir oben hören, seinen Zweck "schon bei sich", nämlich den Zweck-überhaupt, der nur ebenso unbestimmt-unendlich bestimmbar sein kann wie das Wollen-überhaupt. Du sollst wollen ist Praktische Philosophie und An-thropologie in einem, nämlich: Du sollst nicht nur wollen, sondern dein Wollen selber be-stimmen - und so weiter ins Unendliche.
JE, 16. 11. 20

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