Ein empirisches Wollen
erscheint als Übergehen von der Bestimmbarkeit zur Bestimmtheit,
charakterisiert durch die völlige Kontraktion meines ganzen Wesens auf
einen einzigen Punkt; da dies beim Denken nicht ist, da man zwischen
Entgegengesetzten schwebt.
(Alles empirische
Wollen ist etwas Bestimmtes, aber es gibt zweierlei Bestimmtheit,
unvol-lendete und vollendete, erstere erscheint als Denken, letztere als
Wollen; in dem Denken ist noch ein Blick aufs / Entgegengesetzte,
aber wenn ich will, will ich dies und nichts anderes, das andere durchs
Denken Angeschaute liegt nicht im Wollen.
Nun erscheint alle
Bestimmtheit als Übergehen pp. – Es gibt also auch zweierlei
Bestimm-barkeit: eine fürs Denken und eine fürs Wollen, das Denken selbst
ist Bestimmbarkeit des Wollens. Wollen ist quasi die zweite Potenz
unseres empirischen Vermögens, Denken ist die erste.)
_______________________________________________________________________ J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 175f.
Nota bene: So ist es empirisch. Du und ich, wir wissen - erst muss man denken, bevor man weiß, was man will, geschieht es umgekehrt, ist nicht von wollen zu reden, sondern von mö-gen, präferieren, begehren. Für die Transzendentalphilosophie alias Wissenschaftslehre wur-de dagegen als quasi-Apriori das reine Wollen aufgefunden - ein Noumen, etwas, das man annehmen muss, damit die Erzählung einen Sinn bekommt. Real vorfindlich ist das Denken, es wird als im Wollen begründet vorgestellt. Hier nun erscheint das Denken als Deliberie-ren, ein Vorgang des sich-selbst-Bestimmens des 'reinen' Wollens zu einem wirklichen und konkreten. Und um die Sache rund zu machen: Wirkliches Wollen ist natürlich zunächst einmal bloßes Denken...
JE, 15. 11. 20
Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
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