Donnerstag, 11. April 2024

Die Wurzel des Dialektischen.

                           zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik

Beides, das verschiedene und vereinigende Denken, sind selbst eins und unzertrennlich, das verschiedene wird durchs synthetische nicht bloß vereinigt, sondern erst getrennt, ohne ver-einigt werden zu können. Aber wie soll es getrennt sein? Zweierlei Denken an sich kanns nicht geben! In der Vereinigung wird es getrennt und durch die Trennung vereinigt, beides ist nicht zu trennen.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982,
S. 175

 

Nota.

Wir können den Anfang nicht denken: Denken heißt, etwas auf seine nein, nicht Ursache, sondern: Bedingung zurückführen. Die Bedingung des Denkens ist, dass einer denken kann. Das ist kein Paradox, sondern Nonsens: Ein widerspruchsloses System ist nicht ohne Widerspruch möglich. Wir können ein Ende nicht denken, weil... wir nicht nichts denken können: nicht, dass danach 'Nichts sein' soll. Um zu denken, müssen wir etwas denken, und so weiter im Kreis. Wir können allenfalls aufs Denken verzichten (aber nicht lange).

Oha! Mindestens damit müssten wir nicht anfangen, weil wir es alleweil schon tun? Dann wäre Tätigkeit ein Zustand des Veränderns. Des Veränderns von anderem? Mag sein, aber das gehört noch nicht hierher. Sich-selber verändern, davon ist erst noch die Rede; aber das kann ein Zustand nicht sein, denn Zustand ist Dauer, und Veränderung geschieht nur, wenn etwas neu hinzukommt: Wenn etwas angefangen wird. Dann wäre Veränderung die Synthe-sis zweier oder mehrerer Zustände; so, wie eine Reihe eine Linie aus unendlich vielen Punk-ten ist.

Reine Wortspielerei? Wenn ich es logisch auffasse, nämlich statisch. Wenn ich Sein als ein Bleibendes auffasse, nämlich als Begriff. Nicht aber, wenn ich anschaue, was wirklich ist. Wenn ich im Raum auch die Zeit anschaue: Dann ist das Werden ein veränderlicher Zu-stand - nicht ein Treten von einem Fuß auf den andern, sondern als fort-Schritt. Wenn ich es dynamisch auffasse - nicht begreife, sondern vorstelle.

Der Unterschied liegt im Hinzutreten der Reflexion, des gedachten unbeteiligten Zu-schauers. Diesen denkend bin ich allerdings aus mir selbst hinaus getreten: Ich als Be-trachter, ich als Betrachteter und wir-beide als dritter.

Wenn also Tätigkeit das Übergehen vom Unbestimmten zum Bestimmten ist, dann habe ich durch das Bestimmen die Unbestimmtheit überhaupt erst gesetzt.

Sie wollten schon immer wissen, was Dialektik ist?  Das ist sie.
JE, 1. 2. 24


Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

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