
Alle unsere Vorstellungen sind
Vorstellungen von Verhältnissen, aber zuletzt müssen wir doch auf etwas
zu Grunde Liegendes kommen. Dies ist aber nicht an dem, wir kommen auf
etwas Ursprüngliches, das unendlich auffasst. Also die Intelligenz hat
das Vermögen, entge-gengesetzte Dinge in einem Akte zu fassen, oder sie
hat Einbildungskraft, ursprüngliche Synthesis des Mannigfaltigen. Das
Aufgefasste ist nur entgegengesetzt, man kann mit dem Verstand unendlich
teilen, aber es wird / doch aufgefasst; in sofern ist die Einbildungskraft produktiv.
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 202
Nota I. - Hier sind nun aus den ursprünglich angeschauten singulären Bildern schon Vor-stellungen geworden: Sie unterscheiden sich von der Anschauung eben dadurch, dass sie Mannigfaltiges vereinigen. Wenn sie dann auf sich reflektiert, gewahrt sie allerdings nur Verhältnisse. Aus denen schafft sie Begriffe. - Das ist Verstand in specie. (Nie
vergessen: Begriffe sind, auch wenn sie noch so bestimmt ausgesprochen
werden, keine Sachverhalte, sondern Denkwerkzeuge. Sie auseinanderhalten
schafft selber keine Erkenntnis, sondern ist lediglich eine Übung in
Scharfsicht.)
30. 9. 15
29. 6. 18
Nota III. - Das bedarf nochmals der Erläuterung. Das Denken, heißt es anderswo, geschähe eben nicht in Begriffen, sondern in einer Kaskade unfasslicher Bilder. Gemeint ist das Ein-bilden: die ursprüngliche Tätigkeit der Einbildungskraft. Dem Ich der Wissenschaftslehre, nämlich dem autonomen bürgerlichen Subjekt, ist das Reflektieren längst habituell gewor-den, es 'muss' sein Einbilden - als Eines - setzen und - als Einheit von Mannigfaltigem - be-stimmen; und dann ist sie ein Verhältnis von Mannigfaltigen zu einander. Dies alles ge-schieht nicht nach einander in der Zeit, sondern in einem Akt diesseits der Zeit, aber so, dass Dieses aus Jenem hervorgeht. Erst in dieser Einheit ist die Vorstellung eine und eine bestimmte.
JE, 19. 10. 18
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