Samstag, 26. April 2025

Alles Bewusstsein ist sinnlich. (I)

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Alles Bewusstsein ist sinnlich, es drückt aus den Akt der Intelligenz, der idealen Tätigkeit, und steht unter Gesetzen, wenigstens unter dem Gesetze des Übergangs vom Bestimm-baren zur Bestimmtheit. Durch diese Affektion wird alles, was gedacht wird, notwendig sinnlich. Der aufgezeigte Wille soll etwas Übersinnliches sein, doch soll aus ihm etwas Sinnliches folgen. Wie wird er nun mit dem sinnlichen Bewusstsein vermittelt? 

Oben wurde gesagt, dies geschähe durch ein Gefühl, weil das Gefühl das erste ist, von dem alle Handlungen des Bewusstseins ausgehen. (Oben wurde gesagt, es sei ein Gefühl des Stre-bens, des Sollens, des Forderns, der Begrenztheit, und in sofern des Nichtdürfens.) 

Gefühl überhaupt ist Äußerung der Begrenztheit im Ich, diese aber ist nicht möglich ohne Äußerung des Strebens, indem das Streben das Begrenzte ist, beides ist notwendig vereinigt. Dieser allgemeine Satz muss auch hier gelten. Hier ist nicht von Beschränkung überhaupt, sondern von der Beschränkung durch das absolut reine Wollen, das nicht von der Willkür abhängt, die Rede. Dies wäre ein Streben, eine Tendenz zum Wollen, welche kein Wollen werden kann vermöge der Beschränktheit, eine Begierde, und das Gefühl dieser Beschränkt-heit wäre, da der reine Wille kategorisch ist, das Gefühl des Nichtdürfens. 
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J. G. Fichte, Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S .144

 

Nota. - Gefühl ist ein Gegebenes; gegeben durch ein System der Sensibilität, welches der Leib darstellt: Es ist allem Bestimmen vorausgesetzt. Nur sofern eine prädikative Qualität als ihm gleich-originär angenommen wird, ist es schlechterdings bestimmbar. Gefühlt wird der Widerstand, den Etwas einer zweckhaften Tätigkeit entgegensetzt; wird er ihr zum Ge-gen stand und wird sie zur Handlung. Werden sie wirklich. Wirklich wird die Welt, indem sie bestimmt wird. Ohne dies wäre sie bloß sinnlich und eo ipso unbestimmt. Ohne ihren Wi-derschein in einer intelligiblen Welt bliebe sie ein Chaos von bloßen Empfingungen. Und bliebe die Annahme eines Ich die Hypothese einer Dynamis ohne Energie:  Sie wäre über-flüssig.

Merke: Ein Ding bestimmen heißt, es als möglichen Gegenstand eines Zweckbegriffs auf-fassen.
JE, 21. 6. 22

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Der Begriff des Seins ist kein ursprünglicher, sondern ist von der Tätigkeit abgeleitet.

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