Samstag, 2. März 2024

Sein und Gelten.

Thaler, reell (oder nur abgebildet?)                                                            zu Philosophierungen

Kant hat bemerkt wie ohne Zweifel viele vor ihm, dass die hundert Taler, die er sich denkt, doch leider ganz was andres wären, als hundert Taler, die er in seiner Tasche trüge. Wohl wahr, sagt Hegel; aber so ganz und gar nichts wäre das, was man sich denkt, andrerseits doch auch wieder nicht.

Die Taler in der Tasche und die Taler in der Vorstellung haben eins gemein: Alle zweihun-dert haben eine Bedeutung. Will sagen, in beiden Modis können sie mich dazu bestimmen, mich so oder anders zu verhalten. Ob ich sie habe, sie nicht zu haben bedaure, sie zu haben begehre, sie zu haben nicht achte…

Licht in dieses Mysterium hat Hermann Lotze gebracht. Er unterscheidet – Ei des Kolum-bus – drei verschiedene Wirklichkeits- oder besser Gegebenheitsmodi: das (altbekannte) Sein, das (später so genannte) Erleben und das – erst von ihm zur Geltung gebrachte – Gelten. Von den so genannten Wahrheiten sagt er insbesondere: “Sie schweben nicht zwi-schen, außer oder über dem Seienden. Als Zusammenhangsformen mannigfaltiger Zustän-de sind sie vorhanden nur in dem Denken eines Denkenden, indem es denkt, oder in dem Wirken eines Seienden in dem Augenblick seines Wirkens.” (Lotze, Mikrokosmos, III/2, 579)

Das war erst nur eine logisch formale Unterscheidung. Materiallogisch gedacht, müsste es so heißen: Allererst ‚gegeben’ ist das Erleben selbst; ein Strom von Empfindungen, in dem Sinnliches, Logisches und ästhetisch-moralisch Werthaftes noch gänzlich ungeschieden als ein und dasselbe „in Erscheinung treten“.

Alles, was danach kommt, ist ein Arbeitsprodukt der Reflexion.

Die hundert Taler in meiner Vorstellung und die hundert Taler in meiner Tasche gelten gleich, wenn ich an ihnen eine Rechnung – sagen wir: von Zins und Zinseszins – durch-führe. Sie gelten ganz verschieden, wenn ich eine Schneiderrechnung bezahlen soll.

Mit ihrem Sein hat das durchaus zu tun – indem es nämlich in mein Da sein mal mehr, mal weniger eng verstrickt ist.
13. 4. 2009

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE     

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