Sonntag, 18. Februar 2024

Wieso gibt es etwas, statt dass es nichts gibt?

                                                         zu Philosophierungen

Das philosophische Problem ist ein anderes als das physikalische. Philosophisch ist etwas eines, das in Raum und Zeit durch unsere Sinne erfahrbar ist. Mittelbar ist mit den Sinnen erfahrbar, was sich im Experiment messen lässt - denn so ausgeklügelt moderne Labore wie der LHC auch sein mögen: Ihre Versuchsanordnungen beruhen letzten Endes alle auf er-fahrungsmäßig gesicherten Voraussetzungen. 

Die Klassifizierung von Teilchen, die Unterscheidung von Masse und Energie, Zusammen-führung von Raum und Zeit durch die Raumkrümmung, Strahlung, Plasma, Antimaterie... und ganz allgemein die Feststellung, dass etwas ist, gehört zur Feinarbeit der Physiker. Die Philosophen mögen ihre skeptischen Fragen stellen; doch eigene Aussagen können sie auf diesem Feld nicht treffen. Wozu auch? Die Physiker können nur über das Auskunft geben, was sie, und sei es nur in seiner Wirkung, messen können. Das Nichts ist nicht messbar. Was die Naturwissenschaften uns als gesichert demonstrieren können, ist äußerstenfalls ganz, ganz wenig.

Heideggers eingangs zitierte Frage ist radikal; nämlich in der Wurzel dämlich. "Was soll 'Et-was' bedeuten? Es ist eine Abstraktion. 'Etwas' gibt es nicht wirklich. Es gibt dieses und jenes und noch eins und noch eins. Auf die Frage 'Warum gibt es diesen Apfel?' ließen sich tausend Antworten finden, die alle mehr oder minder gültig sind. Auf den 'letzten Grund seines Seins' werde ich so nicht kommen, denn das Sein ist nichts, was empirisch vorkommt, sondern wiederum eine Abstraktion - die nicht ist, sondern lediglich denkbar ist. Empirisch lässt sich immer nur erfragen, ob etwas wirklich, nicht aber, ob etwas möglich ist. Möglichkeit ist eine logische Kategorie.

Angenommen, es gäbe nichts. Wäre dann die Frage möglich: Warum gibt es nichts, statt dass es Etwas gibt? Gäbe es nichts, dann wäre... 'Etwas' gar nicht denkbar; es wäre nicht die Abstraktion von 'all jenen Dingen, die es auf der Welt nicht gibt'; es wäre nicht möglich. Was es nicht gibt, lässt sich nicht verallgemeinern ('begreifen'). Man kann nicht fragen: Warum gibt es unendlich viele Dinge, die nicht sind, und keines, das ist?
 
Nichts ist nicht logisch gleichrangig mit dem Sein so wie Kopf und Zahl auf der Münze. Die Negation ist möglich nicht nur nach, sondern wegen der Position; nicht umgekehrt. Nicht nur nicht faktisch, sondern auch nicht gedanklich. Verneinen ist ein Reflexionsakt. Was nicht ist, darauf kann man nicht reflektieren."
19. 10. 19

Kommentar zu Wieso gibt es etwas, statt dass es nichts gibt? (I); JE,16. 10. 22

 

 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

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