Die
eigenthümliche
Natur dieser spezifischen Waare, des Arbeitsvermögens, bringt es mit
sich, daß mit der Abschliessung des Contracts zwischen
Käufer und Verkäufer die ver-kaufte Waare nicht wirklich als
Gebrauchswerth in die Hände des Käufers übergegangen ist. Der
Tauschwerth dieser
Waare, gleich dem jeder andren Waare, ist bestimmt, bevor sie in
Circulation tritt, weil sie als Vermögen, als Kraft verkauft wird und
eine bestimmte Ar-beitszeit erheischt war, um dieses Vermögen, diese
Kraft zu
produciren.
Der Tauschwerth dieser
Waare existirt daher vor ihrem Verkauf, aber ihr Gebrauchswerth besteht
erst in der nachträglichen Kraftäusserung. Die Veräusserung der Kraft
und ihre wirkliche Aeusserung, d. h.
ihr Dasein als Gebrauchswerth fallen daher der Zeit nach aus einander.
Es
verhält sich wie mit einem Hause, dessen Gebrauch mir für einen Monat
ver-kauft ist. Der Gebrauchswerth ist mir hier erst geliefert, nachdem ich
das Haus einen Mo-nat bewohnt habe. So ist mir der Gebrauchswerth des
Arbeitsvermögens erst geliefert, nachdem ich es verbraucht habe, in der
That für mich habe arbeiten lassen.
Bei solchen
Gebrauchswerthen aber,
wo die formelle Entäusserung der Waare durch den Verkauf und das
wirkliche Ueberlassen ihres Gebrauchswerths an den Käufer der Zeit nach
aus
einander fallen, wirkt, wie wir früher gesehn, das Geld des Käufers
meist
als Zahlungsmittel. Das Arbeitsvermögen wird für den Tag, die Woche
u. s. w. verkauft, aber es wird erst bezahlt, nachdem es während eines
Tags,
einer Woche u. s. w. consumirt wor-den ist. In al-len Ländern von
entwickeltem Capitalverhältniß wird das Arbeitsvermögen erst bezahlt,
nachdem es
functionirt hat. Ueberall schießt daher der Arbeiter dem Capitali-sten
den
Gebrauch seiner Waare vor, läßt sie vom Käufer consumiren, bevor er / ihren Tauschwerth bezahlt erhält, creditirt sie.
In Zeiten von Crisen
und
selbst bei einzelnen Bankerutten zeigt sich daß dieß beständige
Creditiren
der Ar- beiter an die Capitalisten, das aus der besondren Natur des
verkauften Gebrauchswerths entspringt, kein leerer Wahn ist.
Indeß ändert es an der Natur des Waa-renaustauschs selbst nichts, ob
Geld als Kaufmittel oder als Zahlungsmittel functionirt. Der Preiß des
Arbeitsvermögens wird im Kauf contraktlich festgesetzt, obgleich er erst
später realisirt wird. Diese Form der Zahlung ändert ebenso wenig
daran, daß
diese Preiß-bestimmung sich auf den Werth des Arbeitsvermögens bezieht
und weder auf den Werth des Products, noch auf den Werth der Arbeit, die
als solche überhaupt nicht Waare ist.
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K. Marx, Ökonomisches Manuskript
1863-1865, MEGA II/4.1, S. 6f.
Nota. - Wo alles, was getauscht wird, durch Arbeit hergestellt wurde, wird natürlich die Arbeit zum Maßstsab des Austauschs. Und andererseits: Warum sollte einer das, was von Natur reichlich umherliegt, gegen etwas eintauschen wollen - sollte es gar durch Müh' und Arbeit selber herstellen wollen? Wenn etwas herrenlos herumliegt, aber nur selten und gut versteckt, dann ist das Suchen und Auffinden selbst die Arbeit, die es zu einem produc-tum macht. Und wird die Nachfrage nach ihm allgemein, wird es bald nicht mehr gesucht, sondern erarbeitet werden.
Gold ist selten, gut versteckt und wird überall nachgefragt - aber nur von denen, die es sich leisten können, weil sie sonst alles haben. Man muss es immer noch suchen, denn die Versuche, es durch Arbeit herzustellen, sind alle gescheitert. Es eignet sich daher zum all-gemeinen Tauschmittel.
Was aber, wenn alle etwas nachfragen, das zwar überall vorhanden, aber knapp ist und sich nicht durch Arbeit vermehren lässt - reine Luft und sauberes Wasser etwa? Wenn zu-gleich Arbeit reichlich vorhanden ist, aber kaum noch nachgefragt wird, weil die Maschi-nen fast alles alleine machen?
Dann kann Arbeit auf Dauer nicht allgemeines Maß bleiben und vor allem Arbeit nicht mehr als etwas Allgemeines gelten - als 'Arbeit überhaupt', 'gesellschaftlich notwendige', 'abstrakt-allgemeine' Arbeit; und also als Wert.
Und wenn es schließlich nur noch je-spezifische Arbeiten gibt, wird jede Arbeit einzeln gewertet werden müssen: Die eine, weil kaum einer sie machen kann, die andere, weil kaum einer sie machen will.
JE, 23. 9. 20
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