Die Darstellung kann nicht anders als diskursiv verfahren. Aber in der Vorstellung selbst ist alles auf einen Schlag.
Das gilt wohlbemerkt auch empirisch. Zwar müssen wir meistens suchen, um etwas in unse-rem Bewusstseinsvorrat zu finden; aber dann kommt es uns so vor, als sei es schon die gan-ze Zeit da gewesen und habe nur darauf gewartet, aktiviert zu werden.
Tatsächlich sind die Verschaltungen zwischen den Neuronen 'schon da' – sie müssen nur noch befeuert werden. Wie steht es da aber mit Fichtes dauernder Versicherung, dass die ideale Tätigkeit 'aus Freiheit' geschehe? Dass ich in meiner Erinnerung nur finde, was ich finden will, kann ich empirisch nicht bestätigen. Ist es einmal da, kann ich jederzeit darüber stolpern, da ist mehr Zufall als Freiheit. Aber ob ich einen Wissensgehalt überhaupt erst an-lege und ablege, das hängt von mir, und das heißt: von meinem Wollen ab.
Mit dem Darstellen ist es etwas ganz anderes. Ob ich alles wiederfinden werde, wonach ich suche, mag zum Teil Zufall sein. Aber was ich dann an was anknüpfe und wie, das ist Sache meiner Freiheit: der Reflexion. Doch muss ich es in der Zeit vortragen, eines nach dem an-dern, und so wird es immer ein bisschen so aussehen, als sei das Zweite vom Ersten verur-sacht, während sie doch einander gegenseitig bedingen, und dies ohne Vor- und Nachher. Anders könnte die Wissenschaftslehre nicht vom Bestimmten auf das Bestimmende rück-schließen.
*
Es ist ein Missverständnis, dass die transzendentale Betrachtungsweise mit dem Faktischen gar nichts zu tun habe. Sie ist nicht dessen Abbildung oder Nacherzählung, das wäre über-flüssig. Aber sie ist dessen Sinndeutung, und es wäre sehr merkwürdig,* wenn sie einander gar nicht ähnlich sähen.
*) Warum dieses? Weil auch die diskursive Darstellung nicht 'das Seiende' ausspricht, son-dern immer nur, was es bedeuten soll – freilich nicht selbstreflexiv ausspricht, sondern ge-genstandsbezogen, während die Transzendentalphilosophie rekonstruiert, wie die Bedeu-tungen entstanden sein müssen; aber beide handeln von Bedeutungen, und von den Bedeu-tungen der Dinge.
18. 12. 15
Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
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