Dienstag, 3. Oktober 2023

Kontingenz der Vernunft.

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123 Vernunft. – Wie die Vernunft in die Welt gekommen ist? Wie billig auf eine unver-nünftige Weise, durch einen Zufall. Man wird ihn erraten müssen wie ein Rätsel.
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Nietzsche, Morgenröte, 2. Buch


Nota. - Es hat sich in den bürgerlichen Gesellschaften der westlichen Länder eine Ver-kehrsweise ausgebildet, die wir für vernünftig halten, weil sie auf dem Glauben an die Wirklichkeit der Welt und das Gesetz von Ursache und Wirkung beruht. Dass es so ist, ist eine historische Gegebenheit und darum kontingent. Notwendigkeit gibt es nur in der Logik; alles, was historisch geworden ist, hätte auch anders ausfallen können. 

Die metaphysischen Systeme fassten das physikalische Gesetz von Ursache und Wirkung als den irdischen Niederschlag der logischen Notwendigkeit auf. Dem hat die Kant'sche Kritik ein Ende bereitet. Er lokalisierte die Kausalität unter den Kategorien, die unserm Denken apriori zu Grunde lägen. Er ist auf halbem Wege stehen geblieben und hat die Herkunft der Kategorien nicht auch erörtert. Das hat Fichtes Wissenschaftslehre unter-nommen und sie ihrerseits in die Tätigkeit des denkenden Subjekts selbst verlegt. Das Denken der Menschen hat sich seine Gesetze selbst gegeben, die Logik beschreibt sie nur. 

Sie sind historische Gegebenheiten. Sind sie also Zufall? Wie man's nimmt. Gegenwärtige Kosmologie beschreibt das Werden der Welt so, dass man an seine Notwendigkeit kaum glauben mag. Doch so, wie sie mehr oder minder zufällig geworden ist, ist sie die Voraus-setzung unseres Lebens und unserer Tätigkeit in ihr: Wir können nicht woanders sein als in ihr, und wir können in ihr nicht anders als tätig sein. Unsere Tätigkeit mag frei gewähl-ten Zwecke dienen; aber ihre Gegenstände kann sie nicht frei wählen. Tätigkeit in ihrer konkretesten Form - der materiellen Produktion - wie in ihrer abstraktesten - dem Den-ken - ist eine Synthesis der Zwecke und der Gegenstände. Die Zwecke sind das Bestim-mende, doch die Gegenstände sind das, was bestimmt werden soll. Und leisten Wider-stände, die überwunden werden müssen. Und zwar so, wie sie es bedingen

Ich wüsste nicht, was es da groß zu raten gibt.
JE, 10. 9. 18

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