aus der Einleitung zu Fichtes System der Sittenlehre nach Prinzipien der Wissenschaftslehre
1. Wie ein Objektives jemals zu einem Subjektiven, ein Sein für sich zu einem vorgestell-ten werden möge - dass ich an diesem bekannteren Ende die Aufgabe aller Philosophie fasse - wie es, sage ich, mit dieser sonderbaren Verwandlung zugehe, wird nie jemand er-klären, welcher nicht einen Punkt findet, in welchem das Objektive und Subjektive über-haupt nicht geschieden, sondern ganz Eins sind. Einen solchen Punkt nun stellt unser System auf, und geht von demselben aus. Die Ichheit, die Intelligenz, die Vernunft, oder wie man es nennen wolle, ist dieser Punkt.
Diese absolute Identität des Subjekts und Objekts im Ich lässt sich nur schließen, nicht etwa unmittelbar als Tatsache des wirklichen Bewusstseins nachweisen. Wie ein wirkliches Bewusstsein entsteht, sei es auch nur das Bewusstsein unserer selbst, erfolgt die Trennung. Nur inwiefern ich mich, das Bewusstseiende, von mir, dem Gegenstande dieses Bewusst-seins, unterscheide, bin ich mir meiner bewusst.
Auf den mancherlei Ansichten dieser Trennung des Subjektiven und Objektiven und hin-wiederum der Vereinigung beider, beruht der ganze Mechanismus des Bewusstseins.
2. Das Subjektive und das Objektive wird vereinigt oder als harmonierend angesehen zu-vörderst so, dass das Subjektive aus dem Objektiven erfolgen, das erstere sich nach dem letzteren richten soll: Ich erkenne. Wie wir zu der Behauptung einer solchen Harmonie kommen, untersucht die theoretische Philosophie. Beides wird als harmonierend ange-sehen so, dass das Objektive aus dem Subjektiven, ein Sein aus meinem Begriffe (dem Zweckbegriffe) folgen soll: Ich wirke. Woher die Annahme einer solchen Harmonie ent-springe, hat die praktische Philosophie zu untersuchen.
Der erste Punkt, wie wir dazu kommen mögen, die Übereinstimmung unserer Vorstellun-gen mit unabhängig von uns vorhanden sein sollenden Dingen zu behaupten, ist denn allenfalls in Frage gekommen. Was den zweiten anbelangt, wie es möglich sei, einige unse-rer Begriffe zu denken als darstellbar und zum Teil wirklich dargestellt in der ohne unser Zutun bestehenden Natur, darüber hat bisher die Philosophie sich auch nicht einmal ge-wundert. Man hat es ganz natürlich gefunden, dass wir auf die Welt wirken können. Wir tun es ja alle Augenblicke, wie jedermann weiß; es ist dies Tatsache des Bewusstseins; und damit gut.
aus J. G. Fichte, "System der Sittenlehre nach Prinzipien der Wissenschaftslehre"; in ders., Sämmtliche Werke Bd. IV. S. 1-12 sowie in dass., Hamburg (Felix Meiner) 1995, S. 1 - 3
Nota. Das obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
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