
Nur freie
Wechselwirkung durch Begriffe und nach Begriffen, nur Geben und
Empfangen von Erkenntnissen ist der eigentümliche Charakter der
Menschheit, durch welchen allein jede Person sich als Menschen unwidersprechlich erhärtet.
Ist ein Mensch, so ist
notwendig auch eine Welt, und bestimmt solch eine Welt, wie die uns-rige
es ist, die vernunftlose Objekte und vernünftige Wesen in sich
enthält. (Es ist hier nicht der Ort, noch weiter zu gehen und die
Notwendigkeit aller bestimmten Objekte in der Na-tur und ihre notwendige
Klassifikation zu erhärten, die sich aber ebensowohl erhärten lässt, als
die Notwendigkeit einer Welt überhaupt.)*
Die Frage über den
Grund der Realität der Objekte ist sonach beantwortet. Die Realität der
Welt - es versteht sich: für uns, d. h. für alle endliche Vernunft - ist
Bedingung des Selbstbe-wusstseins, denn wir können uns selbst nicht
setzen, ohne etwas außer uns zu setzen, dem wir die gleiche Realität
zuschreiben müssen, die wir uns selbst beilegen.
Nach einer Realität zu fragen, die bleiben soll, nachdem von aller Vernunft abstrahiert wor-den, ist widersprechend,
denn der Fragende selbst hat doch wohl Vernunft, getrieben durch die
eigene Vernünftigkeit, und will eine vernünftige Antwort; er hat mithin
von der Vernunft nicht abstrahieret. Wir können aus dem Umkreis der
Vernunft nicht hinausgehen. Gegen die Sache selbst ist gesorgt, die
Philosophie will nur das erreichen, dass wir mit [...?] darum wissen und nicht
wähnen, herausgegangen zu sein, wenn wir doch, wie sich versteht, darin
befangen sind.
*) Wer dies nicht
einsehen kann, der habe nur Geduld und folgere aus seinem Nichteinse-hen
indes nichts weiter, als was wirklich darin liegt, nämlich dass er es
nicht einsehen kann.
_______________________________________________________________________ J. G. Fichte, Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW Bd. III, S. 40
Nota. I - Vernunft
ist immanent, es führt kein Weg hinaus - jedenfalls nicht durch
vernünf-tiges Fragen. Wer fragt, ob es Wahrheit gibt, setzt sie voraus.
Wahrheit ist kein Sachverhalt, sondern ein Begriff (ein Begiff, der sich
durch keine Bestimmung erschöpfen lässt, vulgo eine Idee). Es ist der
Begriff von einer Geltung ohne Bedingungen. Wer fragt, ob es diesen
Begriff gibt, der hat ihn sich bereits entworfen. Also 'gibt es' ihn. *
Doch
das bedeutet selber noch gar nichts. Die Frage ist immer nur, wann und
wo er gilt. Die wäre konkret zu beantworten. Der Satz, 'es gibt
Wahrheiten, aber keine Wahrheit', ist ein Wortspiel. Wenn ein Satz gilt,
und sei es unter tausendundeiner Bedingung, dann 'gibt es' Geltung;
aber das heißt nichts weiter als: Außer seienden Dingen gibt es Geist.
Was das sei, darüber darf man verschiedner Meinung sein. Aber dass es
so ist, kann nur ein Geistlo-ser bestreiten; doch der könnte es nicht bestreiten.
3. 2. 19
Nota II. - Kein Weg über die Vernunft hinaus könnte es ebensogut heißen.
Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
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