Montag, 24. Februar 2025

Der große Bogen der Vernunftkritik.

translate                     aus Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkrit

Fichte hat im Ersten Hauptstück seiner Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre aus dem Jahre 1796, das ich auf diesem Blog wiedergegeben habe, besagte 'Prinzipien' zusammengefasst. Nicht mi-nutiös entwickelt wie in der Nova methodo, sondern eher lehrhaft vorgetragen, aber so musste es sein. Es sollte der Leser (wie zuvor seine Hörer) bis an den Punkt geführt werden, wo die transzendentale - kritische und spe-kulative - Rekonstruktion aus notwendigen Vostellungen innehält und eine positive wissenschaftliche Deduktion aus Begriffen möglich wird. 

Das gibt Anlass zu einer allgemeinen Betrachtung:

 
Vernunft ist eine Tätigkeit und keine Sache. Sie erfordert einen Stoff, ein Verfahren und eine Energie. Ihr Stoff sind die Begriffe, ihr Verfahren sind die logischen Schlussregeln. Was ihre Energie ist, bleibt einstweilen offen.

Die Untersuchung der Vernunft in specie beginnt mit Kant. Sein erster Gegenstand sind die Erfahrungsbegriffe. Es gibt darüber hinaus Begriffe ohne sinnliches Substrat. Diese sind aus jenen abstrahiert; mit welchem Recht?

Zuerst ist da eine Flut sinnlicher Reize. Aus der greift wie mit Kellen die Vernunft etliche heraus und fasst sie zu Begriffen zusammen. Die Kellen identifiziert Kant als zwölf Kate-gorien und zwei Anschauungsformen. Weiter geht er nicht.

Es stellt sich erstens die Frage: Woher die Kellen? Und zweitens: Von allein schöpfen sie nicht; es muss sie einer zur Hand nehmen. Und woher die Schlussregeln stammen, lässt Kant völlig unerörtert.

 


Fichte begann, wo Kant stehenblieb: Die Begriffe wurden von Menschen geschaffen, in-dem sie Kellen betätigten. Wie sie zu betätigen sind, wussten sie, weil sie sie selber herge-stellt hatten. Die Spur verfolgt er und stößt ganz am Schluss auf das Ich, das sich selbst setzt, indem es sich ein/em Nichtich entgegensetzt.

Die Hypothese wäre zu verifizieren, indem der Schlusspunkt der Analyse zum Ausgangs-punkt einer synthetischen Rekonstruktion genommen wird: Man sieht dem aufgefundenen Ich Schritt für Schritt bei seiner Tätigkeit zu, und wenn wir einen Weg finden, auf dem so die von uns eingangs vorgefundene Vernunft lückenlos nachgebaut werden kann, so wird es der sein, den die Vernunft wirklich gegangen ist.

Man erkennt: Es ist die Geschichte ihrer Selbstschöpfung. Sie hat keine andere Vorausset-zung als das Selbstsetzen eines Ichs. Daraus folgt alles andere. Es folgte nicht aus Notwen-digkeit - unendliche viele Abwege waren möglich (und werden faktisch auch gegangen wor-den und spurlos wieder verwachsen sein) -, sondern aus Freiheit, aber dass es folgte, war der faktische und logische Ausgangspunkt der Analyse, zu dem die Synthesis zurückgeführt hat.

Wir finden in der Synthese, wie der Stoff entstanden und wie das Verfahren selbst gesucht und gefunden wurde, wir müssen rückschließen, dass die treibende Energie dieselbe war, aus der heraus das Ich sich überhaupt erst gesetzt hat. Weil sie keine andere Bestimmung auf-weist als diese, nennt Fichte sie das reine Wollen.

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Kritisch verfährt die Wissenschaftslehre in ihrem von Kant eröffneten ersten, dem analy-tischen  Teil. In ihrem konstruktiv-synthetischen zweiten Teil verfährt sie spekulativ. Doch spekuliert sie nicht ins Blaue hinein, sondern auf ein festumrissenes Ziel hin: unser wirklich gegebenes System der Vernunft aus Begriffen und Schlussregeln, über dessen treibende Energie wir uns inzwischen auch klargeworden sind.

An diesem Punkt - dass ein System von Begriffen entstanden ist und dass sich das Denken Regeln geschaffen hat - ist die Vernunftkritik vollendet und hat die Wissenschaftslehre ihre Arbeit getan.

Was jetzt noch folgen kann, sind die positiven Bestimmungen der Wissenschaften in con-creto. Von den kritischen Grundsätzen, die die Wissenschaftslehre in ihrem analytischen sowohl wie in ihrem synthetischen Teil entwickelt hat, wird sie sich in ihrer Erkenntnis lei-ten lassen; aber ihr Gegenstand werden sie nun nicht mehr.



Der Begriff des Rechts ist nun gefasst, und es kann aus Begriffen fortargumentiert werden
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6. 3. 19

 

Nota. - Die Leute im obigen Bild tanzen eine Sardana, einen katalanischen Volkstanz, bei dem sich die Kreise um einander drehen - in je entgegengesetztem Sinn.

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Das wirkliche Subjekt ist gespalten.

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