zu Wissenschaftslehre - die fast vollendete Vernunftkritik
Bewusstsein vorab durch Begriffe - 'Merkmale' - definieren zu wollen, kann nur Verwirrung stiften. Was immer zum Definieren dienlich ist, müsste im und durch Bewusstsein gegeben sein. Der Begriff müsste als gefunden aufgefasst werden, bevor man es sucht. Kein Wunder, dass die Suche als bloßes Rätselraten erscheint.
Dieser Zirkel lässt sich nicht umschiffen. Man muss ein resolut phänomenales Verfahren wagen. Denn als Alltagsphänomen war es gegeben - und ist es bewusst geworden, bevor man es auch nur bezeichnen konnte. Begriffe wurden ihm erst im Laufe der Zeit zu-gedacht und wohl auch ab-gesprochen.
Bevor man zu streiten beginnt, was es sein soll, schaue man zu, wo und wann es uns - als Alltagsphänomen! - begegnet.
Ich mache es kurz: Es begegnet uns als der akute Geisteszustand von einem, der handelt.
Wäre ich vermögend, würde ich einen Preis aussetzen für den, der diese Bestimmung faktisch widerlegt. Da ich nicht vermögend bin, muss ich mich mit seinem guten Willen bescheiden.
Merke aber: Auch bloßes Denken ist Handeln.
Jedenfalls das, was wir in specie so bezeichnen: das Reflektieren. Bloßes Anschauen ist wohl auch Tätigkeit, doch die Besonderheit des Reflektierens ist, dass er das An-geschaute - den Gegenstand - unterscheidet von dem, der anschaut. Erst dann näm-lich hat er sie beide: Ein Willensakt liegt liegt zwischen Anschauen und Reflektieren, und der setzt voraus, dass das Anschauen des Anschauens - denn das ist Reflexion - nicht um seiner selbst willen ge-schieht - denn das wäre Anschauen.
Reflektieren, Denken in specie, geschieht um einer Absicht willen und fährt fort. Das ist das Spezifische am Handeln: Es geht aus auf eine Folge. Was dazu nicht taugt, wird im Denken zurückgestellt, und nur das "Anschlussfähige" - sagt der heutige Pedant - wird behalten; im Vorstellen und in der daraus folgenden Opera-tion. In der wissenschaftlichen Forschung ist ebendies die mühsamste Strecke. Wenn man wüsste, wonach man sucht, würde man es schneller finden. So mustert man gelegentlich das Richtige aus und behält das Falsche.
Das beschauliche Leben - lat. vita contemplativa, gr. bios theorikós - ist kein handelndes Leben. Es mag gedankenschwer oder leichtsinnig sein: Eine andere Absicht als sich selbst verfolgt es nicht.
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