
Die nächst zu beantwortende Frage ist die, was bildet eine Klasse? Und zwar ergiebt sich dieß von selbst aus der Beantwortung der andren Frage: Was macht Lohnarbeiter, Capitali-sten, Grundeigenthümer zu Bildnern der 3 grossen gesellschaftlichen Klassen?
Auf den ersten Blick die Dieselbigkeit ihrer Revenuen und Revenuequellen. Es sind 3 grosse gesellschaftliche Gruppen, deren individuelle Bestandtheile, eben die Individuen, woraus sie bestehn, respective von Arbeitslohn, Profit und Grundrente, von der Verwerthung ihrer Ar-beitskraft, ihres Capitals oder ihres Grundeigenthums leben.
Indeß würden von diesem Standpunkt aus z. B. Aerzte und Beamte auch zwei Klassen bil-den, denn sie gehören zwei distincten gesellschaftlichen Gruppen an, deren Revenuen für die Mitglieder von je der beiden Gruppen aus derselben Quelle fliessen. Dasselbe gälte für die unendliche Zersplitterung der Interessen und Stellungen, worin die Theilung der gesell-schaftlichen Arbeit die Arbeiter, wie die Kapitalisten und Grundeigenthümer (letztre z. B. in Weinbergsbesitzer, Minenbesitzer, Fischereibesitzer, Aeckerbesitzer) spaltet.
Hier bricht das Manuskript ab.
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Nota. - Die Unterscheidung der Gesellschaftsklassen nach der Quelle ihres Einkommmens gilt nur "auf den ersten Blick". Sie nimmt Klassen naiv als Summe von Individuen. Es ist aber keine persönliche Eigenschaft eines Menschen, Lohnarbeiter, Kapitalist oder Grund-besitzer zu sein. Es sind gesellschaftliche Bestimmungen, die seinen individuellen Geschik-ken vorauslagen.
Es musste die Klassenlage dargestellt werden, die ihnen ihre spezifische Stellung im gesell-schaftlichen Aufbau anweist.
Marx musste sich daher noch einmal die sogenannte ursprüngliche Akkumulation des Ka-pitals vornehmen - und insbesondere das irrtümlich sogenannte Formenkapitel der soge-nannten Grundrisse in die Darstellung einarbeiten - denn dass er ein System als ein solches darstellen musste, war spätestens hier klar geworden.
Damit endet das Konvolut des Ökonomischen Manuskripts 1863-65. Im ersten Band sollte - wie auch in der Endfassung - der Produktionsprozess des Kapitals dargestellt werden, aber Marx verlor sich immer wieder in Abschweifungen ins Material, Daten jede Menge, Statisti-ken und mathematische Modelle. Unzufrieden begann er erneut. Diesmal kam er immerhin bis zum Zirkulationprozess. Auch damit nicht zufrieden, beginnt er erneut beim Produkti-onsprozess.
Und da sind wir nun.
Auch die Endfassung beginnt schließlich mit dem Produktionsprozess des Kapitals. Aber nun führt er ihn fort: nämlich mit der Frage, wo das Kapital, das er bereits hatte produzie-ren lassen, überhaupt hergekommen war. Und er schließt mit der historischen Vorausset-zung, die sich in einer logischen Mystifikation unkenntlich gemacht hatte: der Trennung der Arbeit von ihren sachlichen Bedingungen, der Enteignung und Vertreibung des Landvolks vom Boden und der Schaffung einer freien Arbeiterklasse; schließt mit dem Kapitel über Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation.
Das allerdings erst in der zweiten, der 'Volksausgabe' von 1873!
Auch Marx hat es sich mit dem System-Problem nicht leicht gemacht.*
*) Nicht aber so, dass er es spekulativ umschifft hätte, im Gegenteil. In der ersten Auflage hatte er an dieselbe Stelle ein hochtheoretisches Kapitel über Die Wertform gesetzt. Das war dann aber selbst den deutschen Pro-fessoren zu 'dialektisch'. Doch ist die mehr didaktische Fassung mit der Ursprünglichen Akkumulation als nach-träglichem Systemgrund nicht nur anschaulicher, sondern theoretisch sogar tiefsinniger; ich meine: gerade, weil sie nachgeschoben wird.
In der neuen MEGA fehlt sie noch immer.
JE
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